Wie das Anwohnerparken in Hamburg zur Lotterie wird
Autofahrer, die in Quartieren mit Anwohnerparkzonen leben, wissen es: Der kostenpflichtige Ausweis bewahrt nicht automatisch vor nerviger Parkplatzsuche. Der Grund: Es werden viel mehr Berechtigungsscheine ausgegeben, als es Parkplätze gibt. In dicht besiedelten Gebieten wie Ottensen, St. Pauli oder dem Grindelviertel beträgt die Differenz mehrere hundert. Das geht aus der Senatsantwort auf eine CDU-Anfrage hervor.
35 Bewohnerparkzonen gibt es in Hamburg, in 23 davon gibt es mehr Anwohnerausweise als Parklätze. Besonders dramatisch klaffen die Zahlen in Ottensen auseinander: In der Ausweiszone 106 „Am Fischerspark“ haben 2273 Anwohner einen Ausweis, es gibt aber nur 1264 Stellplätze. Ähnliche Situation am „Alma-Wartenberg-Platz“: 2659 Autofahrern mit Anwohnerausweis stehen 1752 Parkplätze gegenüber. Auch im Gebiet „Spritzenplatz“, quasi in Sichtweite des Bahnhofs Altona, haben 2380 Anwohner einen Parkausweis beantragt – und hoffen, bei der Rückkehr von einer Fahrt, einen der 1282 Plätze zu ergattern.
Das Dilemma hinter der wachsenden Parkplatznot: Die Hamburger wählen zwar rot-grün, schaffen sich aber immer mehr Autos an: Allein von März 2020 bis September 2021 ist die Zahl der zugelassenen Pkw um knapp 30.000 gestiegen (auf 818.153). Gleichzeitig fielen in der Stadt alleine in diesem Jahr 811 Parkplätze weg, im kommenden Jahr weitere 830, viele für den Ausbau von Velo-Routen, einem Herzstück der rot-grünen Verkehrswende.
Anwohnerparken: Viele Ausweise, wenige Stellplätze
Auch auf St. Pauli sieht es mau aus für die autofahrenden Anwohner: „Am Paulinenplatz“ müssen sich 2061 Anwohner mit Parkausweis um 1400 Stellplätze streiten. Selbst wenn der Stadtteil für autofahrende Besucher dank kurzer, teurer Parkdauer möglichst unattraktiv wird, reicht der Platz nicht für alle Anwohner. Die Straßenränder sind dann eben mit den Autos der Nachbarn vollgestellt.
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Ausweichen ins Nachbarquartier kann teuer werden: Damit tatsächlich alle nur in ihren Gebieten parken, soll stärker kontrolliert werden, kündigt der Senat an. 146 Kontrollkräfte lässt der Landesbetrieb Verkehr derzeit durch die Anwohnerparkgebiete streifen, die Zahl soll im kommenden Jahr auf 249 erhöht werden.
Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Richard Seelmaecker spricht von „glasklarer Abzocke“. 2020 hat der Landesbetrieb Verkehr über die Bewohnerparkausweise 743.900 Euro eingenommen, steht in der Senatsantwort. Im kommenden Jahr soll die Jahresgebühr von 45 auf 65 Euro erhöht werden. „Das Geld fließt nicht in den allgemeinen Haushalt, sondern kommt exklusiv dem Grünen-Projekt der Verkehrswende zugute“, so Seelmaecker zur MOPO.
Ottensen: Viele Autofahrer, wenig Platz
Die CDU ist grundsätzlich dagegen, dass Anwohner überhaupt etwas zahlen müssen, wenn sie ihr Auto im öffentlichen Raum vor ihrer Wohnung abstellen: „Die Kosten für Herstellung und Unterhaltung der Parkplätze wurden den Anliegern ja bereits beim Bau der Straße n Rechnung gestellt. Sie kassieren also Geld, für etwas, das bereits bezahlt ist.“
Auf zusätzliche Parkplätze können die Um-den-Block-Kurver von Ottensen nicht hoffen: In den engen, historisch gewachsenen Innenstadtgebieten, sei die Schaffung von zusätzlichem Parkraum „nicht ausgeschlossen, aber meistens schwierig“, so der Senat.