Hamburger Studentin isst nur vegan – und selbst geschossenes Wild
Die Hamburger Studentin Fee Brauwers (25) ist Jägerin und (Fast-)Veganerin. „Wilgan“ nennt sie ihre Ernährung: Keine Milch, keine Eier, kein Fleisch von Nutztieren – aber selbstgeschossenes Wild landet auf dem Teller. Eine Veganerin, die Tiere tötet, wie passt das zusammen?
„Schon mit acht Jahren habe ich meinen Vater zur Revierjagd begleitet“, sagt Fee und erinnert sich an die Tränen nach ihrer ersten eigenen Jagd: „Als ich meinen ersten Rehbock drei Monate nach meiner Jagdprüfung geschossen habe, habe ich geweint“, erklärt sie: „Was habe ich getan? war mein erster Gedanke.“ Bis heute gebe es Tage, an denen sie nicht auf die Jagd geht: „Bin ich emotional auffallend, nicht kanalisiert genug, sodass ich nicht sauber schießen könnte, damit das Tier nicht leidet, dann schieße ich nicht.“
Jägerin und Veganerin: die Motivation
Ihre Motivation, knapp zusammengefasst: „Das Steak auf dem Teller und der Schutz des Weizenackers.“ Jagen schütze auch den Wald, erklärt die Studentin der Forstwirtschaft: „Zwei Rehe können in zwei Nächten die Knospen eines hochkommenden Waldes fressen.“ Man könne ganze Waldgebiete einzäunen und einzelne Bäume mit Plastik umwickeln, aber auch die Jagd gehöre zum Schutz junger Bäume und Äcker: „Die Jagd unterstützt die Landwirtschaft, den Anbau von Mais und Weizen, und den Waldumbau von Monokulturen zu Mischwäldern.“
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Außerdem sei Wildfleisch klimaneutral, es müssen keine Ställe gebaut werden, keine Flächen werden gerodet für den Futteranbau. Und: Fleisch von Nutztieren erhöhe durch seine Harnsäureanreicherung das Risiko für Gicht und Schlaganfälle – Wild nicht.
Jagd und vegane Lebensweise
Der Widerspruch, einerseits weitgehend vegan zu leben und andererseits Wild zu jagen, ist der angehenden Forstwirtschaftlerin bewusst: „Ich bin leiser auf dem Weg zum Hochsitz als ein Mountainbike, aber natürlich gehe ich in den Wald mit der Intention, ein Tier zu töten.“ Fee schießt Rotwild, Rehwild und Wildschweine: „Ich schieße Tiere selektiv und auf keinen Fall Muttertiere.“
Wie oft sie auf die Pirsch geht? „Ich jage sehr unregelmäßig“, erklärt die Studentin: „Es gibt Zeiten, in denen ich über Monate nicht jage, aber es komme auch vor, dass ich ein, zwei Wochen am Stück unterwegs bin.“
Vegane Jägerin: Ihre Eltern haben eine Fleischerei
Schon früh hat Fee Brauwers sich mit dem Thema Fleisch beschäftigt. Kein Wunder: Ihre Eltern betreiben eine Fleischerei. Trotzdem aß die Tochter nicht jeden Tag Fleisch. „Mit 14 wollte ich sehen, wie die Tiere gehalten werden, deren Fleisch ich esse. An einem Nachmittag ist mein Vater mit mir zu den Höfen gefahren. Als ich sah, wie vorbildlich die Tierhaltung dort ablief, war es für mich in Ordnung dieses Fleisch zu essen.“ Und bekräftigt: „Ich habe nur das Fleisch heimischer Betriebe gegessen.“
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Seit sie für den Master der Forstwirtschaft nach Hamburg gezogen ist, ernährt Fee sich vegan: „Die Vielfalt der Stadt ermöglichte es mir. In meinem Dorf kann ich es vergessen, ein veganes Franzbrötchen zu bekommen.“ Aufgewachsen ist die junge Frau in Walbeck, einem kleinen Ort am Niederrhein mit etwas mehr 4000 Einwohnern. Wenn sie auf die Jagd geht, dann in Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westphalen.
In Hamburg legen jedes Jahr 700 bis 900 Schüler:innen die Jägerprüfung beim Landes- und Naturschutzverband Hamburg ab. Alle haben mindestens 120 Stunden Theorie und eine Schießausbildung absolviert.
Insgesamt knapp 398.000 Menschen besaßen nach Angabe des Deutschen Jagdverbandes im Jagdjahr 2019/2020 einen Jagdschein – eine Steigerung zum Vorjahr um knapp 10.000. In Hamburg haben 2496 Personen einen Jagdschein. Hamburgs Jagdfläche beträgt knapp 39.000 Hektar – so groß wie 54.000 Fußballfelder.