Reporterteam deckt auf: Nike vernichtet großflächig neue Sneaker
Vom Nike-Store in Hamburg in die Schredder-Halle nach Belgien: Diesen Weg hat ein Paar Sneaker hinter sich, das ein Reporterteam mit GPS-Trackern ausgestattet hat. Dabei stellte sich heraus: Dort, wo eigentlich alte Schuhe recycelt werden sollen, vernichtet der Konzern auch großflächig Neuware.
Recherchen der ARD („STRG_F“ und „Panorama“), der „Zeit“ und des Recherche-Start-ups „Flip“ haben ergeben, dass Nike systematisch Neuware zerstört, die Kunden als Retoure zurückschicken. Die Vernichtung findet dabei unter dem Deckmantel eines Recyclingprogramms statt, mit dem der Konzern sich als besonders nachhaltig darzustellen versucht. Mitarbeiter einer Recyclingfabrik im belgischen Ort Herenthout werfen neuwertige Schuhe in eine Maschine, in der sie anschließend geschreddert werden.
Sneaker gelangen von Hamburg in die Schredderfabrik nach Belgien
Die Recherche ist Teil des Projekts „Sneakerjagd“, für das ein Reporterteam GPS-Tracker in den Schuhen von elf Prominenten, unter anderem Jan Delay, versteckt und sie auf unterschiedlichen Wegen entsorgt hat. Ziel ist es herauszufinden, was wirklich mit unseren alten Schuhen passiert, wenn man sie in Recyclingsysteme und Altkleidersammlungen gibt. Auf der Website www.sneakerjagd.de können Interessierte die Reise der Schuhe auf einer interaktiven Karte verfolgen.
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Die Fabrik in Herenthout fanden Reporter mithilfe eines Sneaker-Paars der Komikerin Carolin Kebekus, das sie im Hamburger Nike-Store abgaben. Wie in anderen Filialen steht dort eine Rücknahmebox mit der Aufschrift „Recycle deine alten Schuhe“. Die Signale der GPS-Tracker zeigten, wie die Schuhe von Hamburg in die Recyclinghalle in Belgien gelangten – und dort anschließend zerstört wurden. Dabei fanden die Reporter heraus, dass neben alten Schuhen auch großflächig Neuware in die Schreddermaschine kommt.
Vernichtung von Neuware: Nike verstößt damit gegen das Gesetz
Die Halle wird von Nike in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Abfallentsorger betrieben und ist Teil des Recyclingprogramms „Nike Grind“, für das der Konzern nach eigenen Angaben vor allem Materialabfälle aus der Produktion nutzt. Dort werden auch getragene Schuhe von Verbrauchern verarbeitet. Auf Anfrage sagte eine Nike-Sprecherin, dass zumindest Retouren, „die Anzeichen von einer möglichen Beschädigung oder Gebrauchsspuren aufweisen“, zerstört und recycelt werden. Ungetragene und makellose Artikel würden allerdings zum Wiederverkauf in die Regale zurückgestellt.
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Laut Bundesumweltministerium verstößt Nike mit dem Vernichten gebrauchstüchtiger Retouren möglicherweise gegen deutsches Gesetz. „Gemäß der Abfallhierarchie hat die Abfallvermeidung oberste Priorität und Vorrang vor allen anderen Entsorgungsmaßnahmen wie beispielsweise Recycling“, sagt Sprecher Christopher Stolzenberg. Danach müsse beim Vertrieb von Erzeugnissen dafür gesorgt werden, dass deren Gebrauchstauglichkeit erhalten bleibt und diese nicht zu Abfall werden – andernfalls drohe ein Bußgeld von bis 100.000 Euro. (mhö)