So sollen die Wochenmärkte in der City gerettet werden
Lebensmittel direkt vom Erzeuger, regional und frisch – das klingt nach urbanem Lifestyle. Nach bewusster Ernährung und Nachhaltigkeit. Doch obwohl diese Lebensweise immer mehr Anhänger gewinnt, bleibt der Ort, der das Hofladenidyll in die Stadt bringt, oft verwaist: der Wochenmarkt. Besonders im Bezirk Mitte verlieren die Märkte immer mehr Kundschaft. Mit einem 40-Punkte-Programm will der Bezirk die Händler jetzt retten.
Ein trüber Dienstagvormittag in Hamm-Nord. Auf dem Wochenmarkt im Hammer Park stehen die Händler mit ihren Marktwagen bereit. Der eine hat Obst im Angebot, der andere Brot. Auch Gemüse, Pflanzen oder Gewürze werden hier verkauft. Nur scheint es kaum einen zu interessieren. Ein paar ältere Damen ziehen mit dem „Hackenporsche“ an den Ständen entlang. Sie wissen, wohin sie wollen. Sie kommen schon seit Jahren. Doch zwischendurch schauen die Verkäufer immer wieder ins Leere. Nicht viel zu tun heute.
Um Obst und Eier einzukaufen, geht kaum einer auf den Markt
Der Bezirk Mitte ist dem Besucherschwund auf den Grund gegangen. In einem zweijährigen Prozess wurden Besucher und Händler befragt, Vergleiche mit anderen Märkten gezogen und Konzepte erarbeitet. Das ernüchternde Ergebnis: Nur um Obst, Gemüse oder Eier einzukaufen, geht heute kaum noch jemand auf den Wochenmarkt. Der Supermarkt ist nicht nur die praktischere, sondern oft auch günstigere Alternative.
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Was die Menschen auf den Markt lockt, ist vielmehr das Erlebnis. Sie wollen entweder etwas geboten bekommen oder das Besondere entdecken. Kleine Schätze, die es sonst nirgendwo gibt. In anderen Stadtteilen funktioniert das. Bestes Beispiel ist der Isemarkt. Aber auch die Wochenmärkte am Turmweg (Rotherbaum), Spritzenplatz (Ottensen) oder Groß-Flottbek treffen mit ihrer Mischung aus Traditionshändlern, Pop-Up-Ständen und Kunsthandwerkern den Nerv der Zeit.
Für viele Menschen wird der Wochenmarkt immer mehr zum Treffpunkt
Auch als Treffpunkt kommt den Märkten eine wichtige Funktion zu. An Gourmet-Imbissen oder Espresso-Buden verbringen Besucher mit Kollegen oder Freunden die Mittagspause. In dem Maßnahmenpaket, das der Bezirk Mitte nun vorgelegt hat, werden all diese Aspekte berücksichtigt.
Die Ideen reichen vom Abendmarkt mit neuen Uhrzeiten (16 bis 21 Uhr), die sich besser mit den Arbeitszeiten möglicher Kunden vereinbaren lassen, über Stempelkarten zur Kundenbindung, Roadshows zur Produkt-Präsentation, Probierstationen, Musikkappellen bis hin zu Lastenrad-Leihstationen für den Abtransport der Einkäufe.
40 Maßnahmen zur Aufwertung von Hamburgs Wochenmärkten
„Es ist erstmal eine Sammlung von Ideen, um Bewegung in die Sache zu bringen“, erklärt Sorina Weiland, Sprecherin des Bezirks Mitte über den zusammen mit dem Cross Innovation Hub der Hamburg Kreativ Gesellschaft, dem Ausschuss für Wochenmärkte und dem Landesverband des Ambulanten Gewerbes und der Schausteller Hamburg e.V. (LAGS) entwickelten Maßnahmenkatalog. Man müsse erstmal sehen, was sich davon umsetzen lässt.
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Wichtig ist die Erkenntnis, genau hinzusehen und die individuellen Bedürfnisse und Begebenheiten je nach Stadtteil zu berücksichtigen. Wo Bio wichtig ist, kann woanders der Preis viel wichtiger sein. Wo Essenstände gut funktionieren, können woanders Kurzwaren eine große Rolle spielen.
Erstaunlich: Viele Hamburger kennen die Märkte in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft gar nicht. Dem soll mit Plakat-Aktionen und besseren Online-Auftritten begegnet werden. Und, ja, auch Instagram soll helfen, die Märkte stärker ins Bewusstsein gerade auch jüngerer Menschen zu rücken. Ebenso soll über die Einführung digitaler Zahlungsmittel nachgedacht werden – damit der klassische Wochenmarkt den Sprung in die Zukunft schafft.