Max Halberstadt
  • Fotograf Max Halberstadt aus Hamburg und Sigmund Freud, der große Begründer der Psychoanalyse.
  • Foto: Max Halberstadt/Sammlung Spangenthal, England

Männerfreundschaft: Der Hamburger Fotograf und der Vater der Psychoanalyse

Sigmund Freud. Jeder kennt den berühmten Begründer der Psychoanalyse. Im September 1909 hielt er sich gemeinsam mit seiner aus Wandsbek stammenden Frau Martha in Hamburg auf. Wir wissen nicht, wie es kam, dass Freud ausgerechnet das Atelier des Fotografen Max Halberstadt am Neuen Wall aufsuchte. Möglicherweise hatte Freud von den außergewöhnlichen Fähigkeiten des damals 27-jährigen Lichtbildners gehört – der war nämlich einer der besten Fotografen seiner Zeit in Hamburg. Auf jeden Fall entstand bei diesem Besuch eine Serie berühmter Porträtaufnahmen. Bis heute werden die Fotos regelmäßig zur Illustration verwendet, wenn ein Buch oder ein Artikel über Sigmund Freud erscheint.

Freud und Halberstadt: Aus den beiden Männern werden enge Freunde. 1913 heiratet Halberstadt Freuds Tochter Sophie. Die stirbt zwar bereits 1920 – aber die Beziehung zwischen Halberstadt und Freud bleibt sehr eng. 1936 muss Halberstadt – er ist Jude – aus Nazi-Deutschland fliehen. Die Verfolgung durch die Nazis, die Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz und der schwierige Neuanfang in Südafrika – all das setzt seiner Gesundheit zu. Halberstadt stirbt am 30. Dezember 1940 im Alter von 58 Jahren.

Fotograf Max Halberstadt. 1936 floh er aus Deutschland, starb 1940 in Südafrika Max Halberstadt/Sammlung Spangenthal, England
Fotograf Max Halberstadt. 1936 floh er aus Deutschland, starb 1940 in Südafrika.
Fotograf Max Halberstadt. 1936 floh er aus Deutschland, starb 1940 in Südafrika.

Max Halberstadt heiratet Sigmund Freunds Tochter

Daheim in Hamburg gerät der einst berühmteste Porträtfotograf der Stadt in Vergessenheit. Dafür sorgen die Nazis. Und es gibt nach 1945 Menschen, die aktiv dazu beitragen, dass das auch so bleibt: beispielsweise Fritz Kempe, einst NS-Propagandafotograf, der es nach dem Krieg zum Leiter der Staatlichen Landesbildstelle bringt. Als er ein Buch zur Geschichte der Fotografie in Hamburg verfasst, unterschlägt er Halberstadt einfach.

Es ist ein großer Zufall, dass diesem Künstler nun doch noch – sehr spät – eine Würdigung zuteil wird. Ihm ist eine Ausstellung gewidmet, die noch bis zum 3. Januar 2022 im Museum für Hamburgische Geschichte zu sehen ist. Die hat Literaturwissenschaftler Wilfried Weinke zusammen mit dem Gestalter Uwe Franzen auf die Beine gestellt. Weinke erzählt, wie er vor 22 Jahren auf Halberstadt kam: Alles habe mit einem Fax begonnen, das er 1999 aus Südafrika erhielt. „Damals suchte ich für eine Ausstellung nach Fotografen jüdischer Herkunft. Daraufhin meldete sich bei mir die Tochter von Max Halberstadt, die mir auch direkt eine Fotografie ihres Vaters zuschickte – ein Porträt von Sigmund Freud. Ich war völlig von den Socken. Ich hatte ja keine Ahnung. Und ich begann zu recherchieren.“

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Weinke, ein „Jäger und Sammler“, durchforstete Archive, Bibliotheken, Antiquariate und Fachzeitschriften und trug in jahrelanger detektivischer Kleinstarbeit alles zusammen, was von Halberstadt noch erhalten ist: 97 Glasnegative, 160 Fotoabzüge und 27 Rollfilme. Außerdem einige Akten, dazu einige Auszeichnungen, die Halberstadt verliehen wurden, und – das ist der Clou – seine Leica-Kamera.

MOPO-Artikel ist im Museum für Hamburgische Geschichte ausgestellt

Kevin Hale im Museum für Hamburgische Geschichte: In der Vitrine sind Kinderbilder seines Vaters und ein MOPO-Artikel, der die Lebensgeschichte seines Vaters erzählt. Olaf Wunder
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Kevin Hale im Museum für Hamburgische Geschichte: In der Vitrine sind Kinderbilder seines Vaters und ein MOPO-Artikel, der die Lebensgeschichte seines Vaters erzählt.

Seit die Ausstellung läuft, bekommt Weinke Post aus der ganzen Welt: Häufig sind es Juden, deren Vorfahren emigrierten und die nun ihre alten Familienalben durchgehen – und siehe da: Etliche bislang unbekannte Halberstadt-Aufnahmen tauchen mit einem Mal auf. So wird die Sammlung immer größer.

In einem Fall ist daran sogar die MOPO „schuld“. In der Serie „Der Tag, an dem …“ berichteten wir im September 2020 über Kenneth Hale aus New York, der als Klaus Heilbut in Hamburg geboren wurde und kurz nach der Pogromnacht 1938 mit seiner Mutter und seinem Bruder aus Deutschland floh. Im Mai 2021 starb Kenneth Hale im Alter von 99 Jahren – und im Nachlass fand Sohn Kevin (60) Kinderfotos, die – ja, Sie werden es schon ahnen – von Max Halberstadt stammen.

Nun sind nicht nur diese alten Aufnahmen Teil der Ausstellung – der MOPO-Artikel mit der Lebensgeschichte von Klaus Heilbut alias Kenneth Hale liegt in derselben Vitrine. Kevin Hale war total gerührt, als er vor wenigen Tagen in Hamburg zu Gast war und die Ausstellung besuchte.

Mehr über das Leben des Fotografen Max Halberstadt erfahren Sie, wenn Sie sich unseren Podcast anhören:

Hamburgs Geschichte zum Anhören

Den neuen historischen Podcast zu „Der Tag, an dem …“ finden Sie jeden Sonntag ab 10 Uhr hier: 

Das Buch „Der Tag, an dem…“, das in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Junius-Verlag erschienen ist, bekommen Sie im Buchhandel oder ebenfalls in unserem Onlineshop.

Übrigens: Die neue Ausgabe von „Unser Hamburg“ ist am Kiosk und im MOPO-Shop erhältlich.

Es ist bereits die 16. Ausgabe unseres Magazins. 

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