Baerbock, Habeck, Scholz, Lindner
  • Sie hatten in den Koalitionsverhandlungen das letzte Wort für ihre Parteien: Annalena Baerbock (v.l.), Robert Habeck (beide Grüne), Olaf Scholz (SPD), Christian Lindner (FDP)
  • Foto: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

„Wir wollen eine Politik der großen Wirkung, nicht des kleinsten Nenners“

Es war so etwas wie eine vorgezogene Krönungsmesse: SPD, Grüne und FDP haben ihren Koalitionsvertrag vorgestellt: „Mehr Fortschritt wagen. Ein Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“, haben die Ampelparteien ihr 177 Seiten starkes Werk überschrieben. Vor allem FDP-Chef Christian Lindner wirkte bei der Präsentation geradezu euphorisch.

Lindner, der selbst Finanzminister werden wird, lobte SPD und Grüne: „Sie können stolz sein, auf das, was sie verhandelt haben.“ Ein wenig klang das wie ein Sportler, der seinen unterlegenen Konkurrenten nach dem Finalsieg seine Ehrerbietung zeigt. Und wie ein Sieger kann sich der FDP-Chef durchaus fühlen.

Lindner schwärmt von Olaf Scholz

Denn seine Partei wird auch das Justiz-, das Verkehrs- und das Forschungsministerium führen – allesamt Schlüsselressorts mit viel Profilierungs-Potenzial. Für die SPD bleiben neben den Kanzleramt sechs weitere Ministerien, die Grünen erhalten fünf und werden den Vize-Kanzler stellen.

Bei der Vorstellung wurde deutlich: Lindner und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz scheinen gut miteinander zu können: „Wir haben während der Verhandlungen Olaf Scholz neu kennengelernt“, schwärmte Lindner. Er habe sich in den Gesprächen als „starke Führungspersönlichkeit“ erwiesen.

Olaf Scholz hatte eine zentrale Botschaft: „Die Ampel steht“. picture alliance/dpa | Michael Kappeler
Olaf Scholz
Olaf Scholz hatte eine zentrale Botschaft: „Die Ampel steht“.

Scholz wirkte relativ gelöst. „Ich habe eine zentrale Botschaft: Die Ampel steht“, begann er seine Ausführungen. Er war sichtlich bemüht, die Gemeinsamkeiten des Ampel-Projekts hervorzuheben. Er versprach „eine Politik der großen Wirkung und nicht des kleinsten gemeinsamen Nenners“. Im Jahr 1924 bei der Einführung der ersten Verkehrsampel in Berlin hätten die Menschen die „ungewöhnliche Technik“ auch kritisch beäugt, sagte er. Heute sorgten Ampeln für Orientierung und dafür, dass alle „sicher und zügig vorankommen“.

Ausrutscher bei Baerbock, Nervosität bei Habeck

Ausgerechnet die Grünen schienen sich bei der Vorstellung des Vertrags am unwohlsten zu fühlen. Robert Habeck, mutmaßlich der nächste Vize-Kanzler, verhaspelte sich bei seinem Beitrag einige Male. Die Anspannung war ihm anzumerken. „In einer Zeit großer Sorge und Verunsicherung braucht es ein Dokument des Mutes und der Zuversicht – ein solches legen wir heute vor“, sagte er. Und auch Annalena Baerbock wirkte eher fahrig. An einer Stelle behauptete die kommende Außenministerin, Deutschland habe einen Nationalen Sicherheitsrat. Den gibt es allerdings nicht, er war lediglich ein Vorschlag von Armin Laschet (CDU) im Wahlkampf.


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Die beiden Grünen-Vorsitzenden ahnten da wohl schon, dass ihre eigenen Unterstützer mit den Ergebnissen nicht sehr zufrieden sein würden. Auf eine entsprechende Nachfrage eines Journalisten antwortete Habeck in umständlichen Schachtelsätzen. Schließlich ergriff Lindner das Wort und erklärte kurzerhand: „Keine Industrienation wird größere Anstrengungen unternehmen beim Schutz des Klimas. Was politisch und ökonomisch erreichbar ist, ist in diesem Vertrag beschrieben.“

Auf die Grünen wartet die höchste Hürde

Das sehen viele Unterstützer der Grünen allerdings anders: „Mit ihren vorgelegten Maßnahmen entscheiden sich die drei Parteien bewusst für eine weitere Eskalation der Klimakrise“, hieß es beispielsweise in einer Stellungnahme von Fridays For Future. Die Grünen beginnen am heutigen Donnerstag mit einer zehntägigen Mitgliederbefragung über den Koalitionsvertrag und das Personaltableau. Sie haben es wohl am schwersten, ihren Mitgliedern den Koalitionsvertrag schmackhaft zu machen.

SPD und FDP werden jeweils am 4. und 5. Dezember einen Parteitag über die Ergebnisse abstimmen lassen. Die SPD will erst dann ihre Minister benennen. Die FDP hat sich bereits festgelegt. Neben Lindner als Finanzminister will sie Generalsekretär Volker Wissing als Verkehrs- und Digitalminister nominieren. Marco Buschmann soll Jusitizminister werden und Bettina Stark-Watzinger Bildungsministerin.

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Das Kabinett soll dann zwischen dem 6. und 9. Dezember vereidigt werden.

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