Carola Veit
  • Hamburgs Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD).
  • Foto: Patrick Sun

Sind Frauen die besseren Chefs, Frau Veit?

In der Hamburger Parlamentsverwaltung geben Frauen den Ton an. Ihr Anteil in Führungspositionen hat sich in den vergangenen zehn Jahren dort mehr als verdoppelt. Möglich macht das unter anderem ein neues Tandem-Modell, bei dem sich zwei Beschäftigte einen Job teilen können. Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) erklärt im MOPO-Interview, wie das funktioniert, ob Frauen die besseren Chefs sind und was die männlichen Kollegen dazu sagen.

MOPO: Der Anteil von Frauen in Führungspositionen ist in der Hamburger Parlamentsverwaltung in den vergangenen zehn Jahren von 30 auf 70 Prozent gestiegen. Frau Veit, sind Frauen die besseren Chefs?

Carola Veit: Das kann sich sehen lassen, oder? Jedenfalls sind Frauen oft andere Chefinnen. Sie können Kritik an ihrer Arbeit eher von Kritik an ihrer Person trennen als Männer, das ist ein Vorteil. Und ich glaube, sie können oft besser Verantwortung teilen und abgeben. Ich kenne jedenfalls keine männlichen Führungstandems. Es sind eher Frauen, die sich das zutrauen.

Seit Mai 2021 gibt es erstmals ein Tandem-Modell mit zwei Frauen an der Spitze des Referates Allgemeine Verwaltung. Wie läuft das mit dem Modell in der Praxis?

Die beiden Frauen haben sich angesehen, welche Ansprüche der Job hat und dann haben sie sich das aufgeteilt – jede macht das, was sie am meisten interessiert und was sie vielleicht schon am besten kann oder noch hinzulernen möchte. Für mich ist es beinahe, als gäbe es zwei Vollzeitkräfte. Für die Frauen im Tandem bedeutet das Modell mehr Flexibilität in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Es nimmt Druck raus, weil sie wissen, da ist noch jemand anderes, auf die ich mich verlassen kann. Natürlich musste sich alles erst einspielen, aber wir bekommen aus dem gesamten Haus sehr positive Rückmeldungen.

Auch von den männlichen Kollegen?

Ja, auch von den Männern. (lacht) Die sehen sich das sehr genau an. Wir müssen uns immer wieder klarmachen, dass sich insgesamt nur etwas ändert, wenn der Führungsstil ein anderer ist und das hat eben auch viel mit Frauen in Führungspositionen zu tun.

Hamburgs Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) im Gespräch mit MOPO-Reporterin Ann-Christin Busch. Patrick Sun
Carola Veit
Hamburgs Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) im Gespräch mit MOPO-Reporterin Ann-Christin Busch.

Beide Frauen im Tandem arbeiten in Teilzeit. Zu wie viel Prozent jeweils?

Eine Kollegin arbeitet 50, die andere 80 Prozent. Die eine Stelle ‚kostet‘ also 130 Prozent. Das ist zum einen fair, weil die Vernetzung ja auch Zeit braucht. Aber es ist eine Stilfrage – wir kennen doch alle die Geschichten von Managern und Chefs, die 80 Stunden pro Woche arbeiten und sich wundern, wenn dann Fehler passieren oder Kreativität, Gesundheit und Arbeitsklima auf der Strecke bleiben.


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Eine häufige Kritik am Jobsharing ist folgende: Frauen erhalten zwar Führungsverantwortung, sie bleiben aber im klassischen Teilzeitmodell stecken. Was sagen Sie dazu?

Falsch! Ich glaube nicht, dass sich klassische Rollenbilder dadurch festigen. Die Frauen, die sich dafür entscheiden, wollen als Führungskraft klar Verantwortung übernehmen. Sie sagen aber auch, eine volle Stelle würde sie in ihrer aktuellen Familiensituation zerreißen. Für diese Frauen ist es gut, solche Erfahrungen in Teilzeit zu sammeln und dies zu einem späteren Zeitpunkt als Sprungbrett zu nutzen.

Meist ist beim Jobsharing nur von Frauen die Rede. Wäre ein Tandem auch etwas für Männer? 

Natürlich. Vielleicht fällt es Frauen leichter, die halbe Erste zu sein; Männer sagen wohl eher ‚es kann nur einen geben‘. Aber ich bin überzeugt, bei zwei geeigneten Kandidaten kann das auch mit Männern funktionieren.

Sie sind seit 2011 Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft und haben auch innerhalb Ihrer Partei mehrere Führungsämter inne. Was hat Sie persönlich darin bestärkt, Ihren Weg zu gehen?

Ich würde immer sagen: die Augen offenhalten, und wenn etwas interessant ist, es einfach mal zu machen. Wenn es dann doch nicht passt, wird es schon noch zu ändern sein. Ob Karriere, Familie oder beides zusammen, es kommt auch darauf an, das zu machen, womit jede glücklich ist. Am Ende geht es immer um individuelle Lösungen. Mich hat meine ganze Familie immer hervorragend unterstützt, so kann ich beides ganz gut schaffen.

Eine letzte Frage: Sind Sie für eine Frauenquote?

Ja. Die hat in den vergangenen 30 Jahren sehr geholfen, ohne Quote wären viele großartige Frauen nicht in ihre Ämter und Funktionen gekommen. Die Verfassung schreibt uns als Stadt übrigens schon lange vor, dass wir möglichst gleichberechtigt Positionen besetzten sollen.

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