Guido Burgstaller sorgte mit seinem Doppelpack für St. Paulis Herbstmeisterschaft.
  • Guido Burgstaller sorgte mit seinem Doppelpack für St. Paulis Herbstmeisterschaft.
  • Foto: WITTERS

Guido-Gala gegen Schalke! St. Pauli feiert Burgstaller und Herbstmeisterschaft

Nicht nur Hamburg ist braun-weiß – auch die Zweite Liga. Der FC St. Pauli bleibt Spitzenreiter und ist jetzt auch Herbstmeister, vorzeitig. In einem rasanten und am Ende dramatischen Flutlicht-Topspiel gegen Bundesliga-Absteiger Schalke 04 gewannen die Kiezkicker erneut ohne Cheftrainer Timo Schultz mit 2:1 (2:0) und feierten im achten und letzten Heimspiel des Jahres am Millerntor den achten Sieg. Überragender Mann auf dem regennassen Rasen: Guido Burgstaller, der gegen seinen Ex-Klub die beiden Tore für St. Pauli erzielte.  

„Die Nummer eins im Land sind wir!“, sangen die Fans, skandierten „Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey!“ und natürlich auch „Niemand siegt am Millerntor“, was nicht ganz korrekt ist, denn St. Pauli siegt dort. Und zwar immer.

Die Mannschaft drehte nach dem am Ende glücklichen, aber aufgrund der ersten Halbzeit nicht unverdienten Sieg eine ausgiebige Ehrenrunde, machte mit den offiziell durchgesagten 19.950 Fans (es sollen über 25000 Tickets verkauft worden sein) die Welle und stapfte dann ausgepowert, aber glücklich zum letzten Mal in diesem Jahr vom Millerntor-Rasen in die Katakomben.

FC St. Pauli ist nach Sieg gegen Schalke Herbstmeister

Und einige Kilometer entfernt, in einem Schlafzimmer, da freute sich Timo Schultz diebisch über den zweiten Sieg seiner Mannschaft ohne ihn. Noch mindestens bis Ende nächster Woche ist er in Corona-Quarantäne.

„Es war brutal intensiv, die ganze Woche war besonders“, sagte Co-Trainer Loic Favé, der wie schon vor einer Woche in Nürnberg mit dem zweiten „Co“ Fabian Hürzeler die Mannschaft betreut hatte. „Wir haben eine Riesen-Teamleistung gezeigt, wir haben als Mannschaft eine brutale Energie. Unser Chef war nicht da, natürlich versucht man da, die Aufgaben bestmöglich aufzuteilen. Man braucht die Unterstützung, jeder macht noch ein bisschen mehr. Das war auch unser Motto fürs Spiel: Wir wollten All-in gehen in allen Bereichen. Wie wir gegen den Ball gearbeitet haben: Riesen-Kompliment!“

Schultz-Vertreter Loic Favé macht St. Pauli ein „Riesen-Kompliment“

Kiez-Knipser Burgstaller urteilte: „Am Ende ist es nochmal eng geworden, weil wir zu passiv waren und die Konter nicht sauber ausgespielt haben. Aber über 90 Minuten sind wir verdienter Sieger, wir hatten die größeren Torchancen.“

Der Mann des Abends bekannte: „Es war ein besonderes Spiel. Als ich zu St. Pauli gewechselt bin, habe ich nicht damit gerechnet, dass ich so schnell gegen Schalke spiele.“ Und wohl auch nicht, dass ihm ein Doppelpack gelingt.

Guido Burgstaller: St. Pauli gegen Schalke ein „verdienter Sieger“

Im Vergleich zum 3:2-Sieg in Nürnberg am vergangenen Sonntag hatte das Trainerteam eine Änderung in der Startelf vorgenommen. Luca Zander rückte nach überstandener Erkältung für Sebastian Ohlsson auf die Position des Rechtsverteidigers.

Wie schon in den vergangenen beiden Spielen zappelte der Ball schon nach wenigen Minuten im Netz des Schalker Tores (6.), doch Guido Burgstaller hatte im Abseits gestanden. Hätte er den Ball dem etwas zu zögerlichen Igor Matanovic überlassen, der die Chance vorbereitet hatte, dann hätte es wohl 1:0 gestanden. Konjunktiv.

In der Anfangsviertelstunde war es ein ausgeglichenes Spiel, in dem die Kiezkicker zwar häufiger am Drücker waren, aber nicht ganz so konsequent nach vorne spielten wie zuletzt, etwas vorsichtiger wirkten gegen ersatzgeschwächte Gäste (ohne die Stürmer Simon Terodde und Marius Bülter), die auf Ballverluste und Umschaltmomente lauerten.

Burgstaller schießt St. Pauli in Führung und legt dann nach

Der Torschrei in der 20. Minute hatte es in sich, der Treffer war diesmal korrekt, aber der Schütze war der gleiche wie beim ersten Versuch: Burgstaller! Wer sonst?! Der gegen seinen Ex-Klub bis in die Haarspitzen motivierte Stürmer erzielte nach unwiderstehlicher Einzelleistung mit einem platzierten Schuss die 1:0-Führung – Saisontreffer Nummer 13.

Nummer 14 ließ nicht allzu lange auf sich warten. Nach Schalker Chancen durch Ex-Kiezkicker Zalazar (22.) und Drexler (23.) erhöhten die Kiezkicker den Druck, wurden immer überlegener. Während der artistische Volleyschuss von Daniel-Kofi Kyereh von Schalke-Keeper Fraisl noch über das Tor gelenkt werden konnte (29.), köpfte der überragende Burgstaller zehn Minuten später eine perfekte Flanke von Leart Paqarada nach einer Ecken-Variante zum 2:0 ein (39.).

FC St. Pauli: Schrecksekunde nach der Pause durch Aydin

Eine Schrecksekunde gab es direkt nach der Pause, als Aydin plötzlich frei im Strafraum vor St. Pauli-Torwart Nikola Vasilj auftauchte, aber mit seinem unplatzierten Schuss an der Nummer eins der Braun-Weißen scheiterte.

St. Pauli agierte in der Folge zu passiv, bot den stärker aufkommenden Schalkern, die auch auf ihren Cheftrainer Dimitrios Grammozis (ebenfalls in Corona-Quarantäne) verzichten mussten, zu viele Räume, überstand diese Phase jedoch schadlos, wurde dann selbst wieder gefährlich durch abgefälschte Schüsse von Burgstaller (56./59.) und war klar spielbestimmend. Allerdings mangelte es in der Folge am vorletzten und auch letzten Pass, um Großchancen herauszuspielen. Die Berührung, nach der Matanovic im Strafraum zu Boden ging, war zu wenig für einen Elfmeter (69.).

Ex-Kiezkicker Rodrigo Zalazar erzielt Schalker Anschlusstreffer

Aus dem Nichts fiel der Anschlusstreffer durch Zalazar, der eine Flanke in den Strafraum aus sechs Metern locker einköpfen konnte (75.). Wie schon zuvor Burgstaller traf nun auch ein Schalker gegen seinen Ex-Klub. Zalazar kickte in der vergangenen Saison bekanntlich auf Leihbasis für die „Boys in Brown“.

Die Schlussphase geriet zur dramatischen Rasen-Schlacht, in der St. Pauli immer mehr unter Druck geriet, mit Mann und Maus das eigene Tor verteidigte und jede Menge Dusel hatte, dass Ouwejans abgefälschter Schuss ins Netz nicht zählte, weil Passgeber Pieringer im Abseits stand (84.). Der eingewechselte Simon Makienok verpasste es, in der Nachspielzeit bei seinem Drehschuss den Deckel drauf zu machen, auf der Gegenseite parierte Vasilj einen Distanzschuss von Topp.

St. Pauli rettet achten Heimsieg über die Zeit und ist Herbstmeister

Der Abpfiff war wie eine Erlösung, gefolgt von einem kollektiven Jubelschrei in den Hamburger Nieselregen. Der letzte Heimsieg des Jahres war unter Dach und Fach. Auf den inoffiziellen Titel gibt Burgstaller nichts. „Im Großen und Ganzen ist die Herbstmeisterschaft nicht viel“, meinte der Kiez-Knipser nüchtern. „Überragend wäre es, wenn wir das bis zum Schluss durchziehen. Aber in der Zweiten Liga ist alles möglich, es sind immer enge Spiele.“ Wie das Topspiel, das diese Bezeichnung auch verdient hatte.

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