Anny von Hamburg: Sie ahnen nicht, welchem Superreichen dieser Uralt-Segler gehört!
Rothenburgsort –
So ganz ohne Masten wirkt die stolze „Anny von Hamburg“ doch etwas traurig. Seit Monaten schon liegt der 107 Jahre alte Dreimastschoner in der Billwerder Bucht bei der Werft „Lütje-Yachts“. „Kein Kommentar“ hieß es dort auf Fragen zum Eigner. Doch die MOPO bekam raus: Der Frachtsegler gehört einem der reichsten Deutschen!
Das 28 Meter lange Schiff ist 1914 auf einer Werft in Hammelwarden an der Unterweser zusammen mit sieben Schwesterschiffen gebaut worden. Die erste große Reise des Frachtseglers aus Eisen ging nach St. Petersburg und endete dort abrupt. Der Erste Weltkrieg brach aus und die „Anny“ wurde von Russland kurzerhand beschlagnahmt, diente als Wohnschiff für Seekadetten des Zaren. Erst 1925 kehrte sie als „Hulk“ nach Deutschland zurück und wurde auf einer Wilhelmsburger Werft wieder vom Wohnschiff zum Frachtschiff umgebaut.
Anny von Hamburg: Uralt-Segler gehört Milliardär
Im Zweiten Weltkrieg transportierte der Segler Zement von Bremen nach Helgoland, denn die Nordseeinsel wurde zur Festung ausgebaut. Nach dem Krieg wechselte die „Anny von Hamburg“ mehrfach den Besitzer und wurde zum Motorschiff umgebaut. Nach einem Brand an Bord landete sie 1980 in schwedischen Karlskrona. Im selben Jahr wurde sie wieder als „Anny von Hamburg“ ins deutsche Schiffsregister eingetragen, und ein Hamburger Segel-Liebhaber begann das Schiff zu restaurieren.
Eigner ist Milliardär Hans Georg Näder
Aber wer ist nun der aktuelle Eigner? Auch ein Segel-Verrückter. 2018 hat es Hans Georg Näder (59) gekauft. Er führt in dritter Generation die Otto-Bock-Firmengruppe, Weltmarktführer für Prothesen. 7300 Menschen in 51 Ländern arbeiten für Näder, und der wird auf zwei Milliarden Euro Vermögen geschätzt.
Der Mann sammelt Kunst, kauft sich mal eben eine alte Berliner Brauerei, gründet in Duderstadt das Schützenmuseum oder legt sich nebenbei ein Gasthaus im Eichsfeld zu. Doch seine größte Leidenschaft gilt dem Segeln. Näder, der auch einen Hamburger Wohnsitz hat, ist sogar Mehrheitseigner einer finnischen Werft, und hier hat er mit der „Pink Gin VI“ die weltgrößte Segelyacht aus Carbon bauen lassen. Die Kosten: geschätzte 60 Millionen Euro. Doch aktuell steht das 54 Meter lange Schiff, das über einen lila Mini-Flügel, Kronleuchter und einen riesigen gläsernen Esstisch verfügt, zum Verkauf.
Das ist die „Anny von Hamburg“
Näder war das Teil vielleicht doch etwas zu protzig und nicht mehr zeitgemäß. Er will jetzt bei einem nachhaltigen Segel-Projekt aktiv werden. Und da kommt die „Anny von Hamburg“ ins Spiel. Sie wird in der Werft am Kaltehofe Hinterdeich aufwendig restauriert und soll dann Teil des Projekts „Timbercoast“ werden. Das ist der Name einer Elsflether Reederei, und der idealistische Inhaber Kapitän Cornelius Bockermann träumt davon, eine ganze Flotte von Frachtseglern zu bauen, die wie vor 150 Jahren unter Segeln Waren rund um die Welt verschiffen.
Mit diesem „Fairtransport” will Bockermann ein Zeichen setzen gegen die Massentransporte auf See, bei denen vor allem Schiffe mit Dieselantrieb eingesetzt werden.