Corona Wissenschaftler Bild
  • Corona-Wissenschaftler:innen. (Symbolbild)
  • Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Waltraud Grubitzsch

„Diffamierend“: Wissenschaftler kritisieren „Bild“-Zeitung scharf

Sie stehen immer wieder im Fegefeuer der Kritik: Corona-Expert:innen, die mit düsteren, aber oft richtigen Prognosen vor einer Zuspitzung der Pandemie-Lage warnen. Man bepöbelt und attackiert sie – nicht nur im Internet. Befeuert werden solche Angriffe auch durch unsachliche Berichterstattung, kritisieren nun führende Wissenschaftler.

Unter dem Titel „Die Lockdown-Macher“ machte die „Bild“-Zeitung am Wochenende namentlich drei Forscher:innen für strengere Corona-Maßnahmen verantwortlich. In dem zugehörigen Online-Artikel wurde behauptet, Viola Priesemann, Dirk Brockmann und Michael Meyer-Hermann hätten „uns den Lockdown eingebrockt“. Eine Allianz von Wissenschaftsorganisationen kritisiert das nun scharf.

„Dass und auf welche Weise hier einzelne Forscherinnen und Forscher zur Schau gestellt und persönlich für dringend erforderliche, aber unpopuläre Maßnahmen (…) verantwortlich gemacht werden, ist diffamierend“, heißt es in dem gestern veröffentlichten Appell. Zu den Unterzeichnern zählen die renommiertesten Forschungsinstitutionen des Landes, darunter die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die Max-Planck-Gesellschaft und die Alexander von Humboldt-Stiftung.

Allianz der Wissenschaftsorganisationen ruft zu mehr „Sachlichkeit“ auf

In dem Artikel wurde behauptet, die strengeren Corona-Maßnahmen, die nun unter anderem in Berlin gelten, seien „am vergangenen Wochenende von Experten ausgetüftelt worden“. Doch „Spiegel“-Redakteur Mathieu von Rohr stellte klar: „Die Überschrift war faktisch unwahr: Die drei Corona-Forscher hatten weder einen allgemeinen Lockdown gefordert, noch haben sie die Macht, einen Lockdown ins Werk zu setzen.“

Mit den jüngsten Artikeln führe die „Bild“ ihre „im vergangenen Jahr begonnene einseitige Berichterstattung gegen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fort“, heißt es in dem Appell weiter. Das unterstrich auch Hans-Christian Pape, Präsident der Humboldt-Stiftung. Er twitterte, die Zeitung stelle „nicht zum ersten Mal“ einzelne Forscher.innen „an den Pranger und setzt sie bewusst und in tendenziöser Aufmachung dem Furor einer aufgebrachten Öffentlichkeit aus.“ Er verurteile das, so Pape. Auch der Präsident der Deutschen Akademischen Austauschdienstes DAAD, Joybrato Mukherjee, sagte zum „Spiegel“, die Berichterstattung der „Bild“ nehme „inzwischen ein unerträgliches und wissenschaftsfeindliches Ausmaß an.“

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Im Oktober erst ergab eine Umfrage des Wissenschaftsmagazin „Nature“ unter 321 Fachleuten, dass jeder zweite Corona-Experte Anfeindungen erlebt hat, darunter körperliche Angriffe. Darauf spielte auch von Rohr mit Verweis auf die „Lockdown-Macher“ an: „Wer so abgebildet wird, muss mit Drohungen und Schlimmerem rechnen.“ Dabei sei, heißt es in dem Appell weiter, „gerade in Krisensituationen und einem ohnehin schon emotionalisierten Themenfeld (…) Sachlichkeit in Diskussion und Berichterstattung in besonderer Weise geboten und weitaus zielführender“.

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