Bandendiebstahl in Hamburg: Bundespolizist steht selbst vor Gericht
Jahrelang verfolgte der Bundespolizist Michael G. (44) Taschendiebe, dann gerät er selbst in Verdacht. Was könnte ihn zum Seitenwechsel gebracht haben? Zusammen mit seiner schwangeren Freundin (20) und deren Tante muss er sich nun wegen schweren Bandendiebstahls vor dem Hamburger Landgericht verantworten.
Fünf Taschen- und Trickdiebstähle an alten Menschen in Einkaufszentren werden den Angeklagten zur Last gelegt. Zudem soll Michael G. seiner jungen Verlobten 16 Mal sein Auto überlassen haben, obwohl er wusste, dass die 20-Jährige keine Fahrerlaubnis hatte.
Bundespolizist wegen Bandendiebstahls vor Gericht
Die werdenden Eltern sahen sich im Gerichtssaal erstmals nach Monaten wieder. Michael Z. sitzt in U-Haft, Melisa Z. lebt in einer Mutter-Kind-Einrichtung. Die Geburt ist im Juli. Mit zusammengelegt Händen verneigte sich der Beamte, als seine Freundin den Saal betrat, zeigte mit seinen Fingern symbolische Tränen.
„Beide verbindet eine tiefe Liebesbeziehung“, erklärte ihr Verteidiger. Das Paar sei „nach Roma-Sitte verheiratet.“ Seine Mandantin bereue ihre Handlungen sehr und habe einen „grundlegenden Einstellungswandel“ vollzogen.
Diebstahl an Senioren: Polizei leitet Observierung ein
Laut Anklage versuchte die 20-Jährige am 6. August 2020 zusammen mit einer Familienangehörigen am U-Bahnhof Niendorf-Markt einen älteren Mann zu bestehlen. Sie ließen jedoch von ihrem Opfer wieder ab. Ein Zeuge schaltete die Polizei ein. Die Beamten kontrollierten die beiden verdächtigen Frauen und den Angeklagten, der die beiden mit seinem Auto zum Tatort gefahren haben soll.
Die Polizei habe anschließend eine Observierung eingeleitet. Michael G. habe das bemerkt, sich bei seinen Hamburger Kollegen beschwert und sinngemäß gesagt: „Leute, es geht mir auf den Geist, dass ihr mir hinterherlauft!“ Erst dadurch bemerkten die Ermittler, dass der Verdächtige ein Kollege war, der jahrelang selbst Trick- und Taschendieben verfolgt hatte.
Am 20. Oktober soll der Bundespolizist seine Freundin und zwei ihrer Brüder zum Wochenmarkt in Langenhorn gefahren haben. Gemeinsam stahlen sie laut Staatsanwaltschaft einem 73-Jährigen das Portemonnaie mit 250 Euro und Ausweisen. Am 2. November sei eine 85-Jährige Opfer der drei Angeklagten geworden. Die angeklagten Frauen hätten ihr in einer Drehtür im Alstereinkaufzentrum ein Portemonnaie mit 600 Euro entwendet, während der Beamte und ein Bruder der 20-Jährigen die Tat abschirmten. Am Tag darauf folgte die Bande in der Hafencity einer 79-Jährigen, die in einer Sparkassenfiliale Geld abgehoben hatte, in einen Supermarkt. Der beabsichtigte Diebstahl des Geldes gelang jedoch nicht.
Schließlich sollen die Angeklagten am 5. November im Einkaufszentrum Hamburger Meile einer 82-Jährigen ein Portemonnaie mit 150 Euro gestohlen haben. Wenig später nahm die Polizei die Angeklagten im Privatauto des Bundespolizisten fest. Er und die 54-Jährige sitzen seitdem in U-Haft.
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Der Anwalt des Bundespolizisten betonte, dass sein Mandant mehr als 1400 Euro als Schadenswiedergutmachung gezahlt habe. Die bestohlenen Senioren hätten die Entschuldigungen angenommen. Michael G. ist suspendiert, bei einer Verurteilung würde er seinen Beamtenstatus verlieren.
Zu Prozessbeginn einigten sich die Beteiligten auf rund drei Jahre Haft für den Beamten, wenn er im Gegenzug ein umfassendes Geständnis ablegt. Die beiden Frauen könnten bei Geständnissen mit Bewährungsstrafen davonkommen, wie der Vorsitzende Richter Georg Halbach erklärte. Fortsetzung 3. Mai. (dpa/ste)