Bornplatzsynagoge: Hunderttausende Hamburger unterstützen den Wiederaufbau
Rotherbaum –
Das Datum war bewusst gewählt: Heute vor 76 Jahren wurde das Vernichtungslager Auschwitz von der Roten Armee befreit. Überall auf der Welt wird am 27. Januar der sechs Millionen Toten gedacht, die im Holocaust ermordet wurden. In Hamburg beendete der Gedenktag die Kampagne für den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge. Mehr als 100.000 Bürger haben sich dafür ausgesprochen.
Ein eisiger Wind fegt am Mittwochvormittag über die Gleise der Gedenkstätte Hannoverscher Bahnhof in der Hafencity und pustet die Kerzen aus, die dort zum Gedenken an die 8000 in den NS-Vernichtungslagern ermordeten Hamburger Juden aufgestellt worden waren.
Bornplatzsynagoge: 107.000 Bürger stimmten für den Wiederaufbau
„Heute ist der 27. Januar. Der Geburtstag meiner 1905 geborenen Großmutter“, sagt Eli Fel, zweiter Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Hamburg. Fel liest ein Gedicht vor, das seine Großmutter 1945 auf Jiddisch geschrieben hatte, als sie feststellte, dass sie die einzige Überlebende ihrer Familie war.
Es geht um den Verlust in dem Gedicht. Um Trauer. Um Verzweiflung. Bis zu ihrem Tod 1992 in Hamburg habe seine Großmutter den Tod ihrer Familie nicht verarbeitet, erzählt Fel. Und: „Es gibt zwei Entwicklungen, die sie sich nie hätte vorstellen können: Dass der Antisemitismus sich in Deutschland wieder ausbreiten könnte. Und dass es wieder ein lebendiges jüdisches Leben in Hamburg gibt.“ Eins mit einer Kita, einer Schule, einem Rabbinerseminar – und nun womöglich auch bald mit einer repräsentativen Synagoge, die auf dem Fundament des 1938 zerstörten Gotteshauses im Grindelviertel errichtet werden soll.
Unterstützung aus allen Teilen der Gesellschaft
Damit die Synagoge nicht nur ein frommer Wunsch von Landesrabbiner Shlomo Bistritzky und einiger Mitglieder der Jüdischen Gemeinde bleibt, hatte sich im vergangenen Jahr die Initiative „Nein zu Antisemitismus, Ja zur Bornplatzsynagoge“ gegründet, die seit November um Stimmen für den Wiederaufbau warb. Mit großem Erfolg, wie sich jetzt zeigte. An die 107.000 Hamburger haben ihre Zustimmung per Klick auf der Homepage, per Email, Anruf oder Brief abgegeben.
„Es war eine überragende Resonanz“, freut sich Daniel Sheffer, Initiator der Kampagne, der den Abschlussbericht zur Kampagne heute an den Hamburger Senat und an die Jüdische Gemeinde übergab. Die Unterstützung sei aus allen Teilen der Gesellschaft gekommen, so Sheffer. Von Christen wie Atheisten. Von Muslimen wie Juden. Von Hamburgern wie Norderstedtern. Von Deutschen wie von Franzosen. Selbst in den USA, in England und Israel würden Zeitungen über das Projekt Bornplatzsynagoge berichten.
Hamburg: Machbarkeitsstudie soll Grundlagen schaffen
Nächster Schritt sei nun die Machbarkeitsstudie, die ab Spätsommer 2021 Fragen wie Sicherheit, Parkplätze, erwartete Besucherzahl und bauliche Aspekte klären soll. „Erstmal geht es darum, Grundlagen zu schaffen“, sagt Sheffer auch im Hinblick auf die zum Teil heftige Diskussion über das Für und Wieder der Synagoge. „Dann sehen wir weiter.“
Das könnte Sie auch interessieren:So könnte die neue Bornplatzsynagoge aussehen
Für Sheffer ist die Neue Bornplatzsynagoge, die einmal Begegnungsort sowohl für Juden und Nichtjuden sein soll, aber auch für die unterschiedlichen Strömungen innerhalb der jüdischen Gemeinde, eine Riesenchance. „Das, was die Nazis unsichtbar gemacht haben, wird hier wieder sichtbar.“
Das könnte Sie auch interessieren:Was wird aus der Synagoge Hohe Weide?
Oder wie es der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Josef Schuster ausdrückte: „Jüdisches Leben gehört in die Mitte der Gesellschaft – hörbar, sichtbar, erlebbar.“ Erst die Sichtbarkeit helfe gegen Vorurteile und Antisemitismus. Deshalb sei der Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge genau das richtige Zeichen.