• Hamburgs ehemaliger Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch (Archivbild von 2014).
  • Foto: picture alliance/dpa

Das gab es in Hamburg noch nie: Anklage gegen Ex-Polizeipräsidenten

Neustadt –

Das hat es in Hamburg noch nicht gegeben: Die Staatsanwaltschaft hat einen ehemaligen Polizeipräsidenten angeklagt. Sie wirft Wolfgang Kopitzsch (72) versuchte Strafvereitelung vor. Dabei geht es um die Beschäftigung von André Schulz (50), dem nach Betrugsvorwürfen zurückgetretenen ehemaligen Bundesvorsitzenden des Bundes deutscher Kriminalbeamter (BDK).

Schulz ist bereits vor knapp einem Jahr angeklagt worden. Der Vorwurf: Betrug in einem besonders schweren Fall. 2013 war der Hamburger Kriminalhauptkommissar zum Bundesvorsitzenden der Kripo-Gewerkschaft gewählt worden. Ein Fulltime-Job. Schulz war in den Medien (auch in der MOPO) sehr präsent, gab viele Interviews und äußerte sich nahezu täglich zu aktuellen Fragen der Kriminalität.

So entschied die Hamburger Polizeiführung 2014 Schulz zu genehmigen, nur noch Teilzeit zu arbeiten. Man fand im Landeskriminalamt eine Stelle, wo er bei freier Einteilung seiner Arbeitszeit sich unter anderem um kriminal-wissenschaftliche Themen kümmern sollte.

So arbeitete er nur noch zur Hälfte und bezog halbe Beamtenbezüge. Die andere Hälfte seines Einkommens kam vom BDK. Eigentlich ein fairer Deal. Doch irgendwann fiel auf, dass Schulz offenbar gar nicht mehr zur Arbeit kam.

Anklage im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen Ex-Gewerkschaftsboss

Auf eine entsprechende Nachfrage seiner Chefin L. soll Schulz eine Mail geschickt haben, ob sie denn nicht wisse, dass seine Arbeitszeit „0“ sei? Frau L. meldete dies verstört an den Chef des Landeskriminalamts. Dort herrschte große Aufregung. Schulz soll die Mail an seine Chefin später als „Witz“ dargestellt haben. Die Polizeiführung dürfte darüber kaum gelacht haben.

Ex-BDK-Chef soll 75.000 Euro zu Unrecht kassiert haben

Bis 2017 lief die Halbzeit-Beschäftigung dann aber irgendwie weiter, bis es schließlich zur Einleitung eines Strafverfahrens kam. Konkret wirft die Staatsanwaltschaft Schulz nun vor, zwischen 2014 und 2017 gar nicht gearbeitet zu haben und deswegen Bezüge in Höhe von gut 75.000 Euro zu Unrecht kassiert zu haben. Diesen Betrag soll er zurückzahlen. Schulz weist die Vorwürfe zurück.

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Neben ihm ist aktuell auch seine Chefin L. angeklagt. Der Vorwurf: Beihilfe durch Unterlassung.

Anklage gegen Hamburger Ex-Polizeipräsidenten Kopitzsch

Jetzt also eine weitere Anklage in dieser Sache und dann gleich gegen einen Ex-Polizeipräsidenten. Wolfgang Kopitzsch hatte in der Vernehmung einer Oberstaatsanwältin erklärt, Schulz habe 2014 von ihm einige  „Sonderaufträge“  bekommen. Dabei ging es unter anderem um die Frage, ob durch Daten-Auswertung im Computer Verbrechen vorhersehbar sind.

Hamburger Ex-Polizeipräsident: Vorwurf der versuchten Strafvereitelung

Die Anklägerin glaubt offenbar, dass es diese Arbeitsaufträge nie gegeben habe und Kopitzsch Schulz habe decken wollen. Deswegen der Vorwurf der versuchten Strafvereitelung.

Wolfgang Kopitzsch lässt sich von Rechtsanwalt Mathias Frommann vertreten, der sagte der MOPO: „Wir halten die Anklage nicht für besonders konsistent und hoffen, dass das Gericht dieser Auffassung folgt und die Anklage nicht zulässt.“

Was für Kopitzsch spricht: Er ging kurz nach den angeblichen Arbeitsaufträgen an Schulz 2014 in den Ruhestand. Er hätte also seine Pension riskiert, wenn es diese Sonderaufträge gar nicht gegeben hätte. 

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