Er starb unter dubiosen Umständen: Der Stasi-Agent, der MOPO-Reporter war
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Sein Deckname war „Alf“ – und für seine Spitzeldienste für die Schweriner Stasi kassierte Holger Oehrens Tausende von Mark. Vor 30 Jahren wurde der Mann, der fünf Jahre bei der MOPO war, enttarnt. Er starb vor 25 Jahren unter dubiosen Umständen.
Politisiert wurde der frühere MOPO-Ressortleiter schon in jungen Jahren. 1967 schilderte er dem „Spiegel“, wie er bei Protesten anlässlich des Besuchs des persischen Schahs in Hamburg von der Polizei schikaniert wurde.
Der damals 24 Jahre alte Student der Philosophie und Chefredakteur der Studentenzeitung „Auditorium“ hatte auf dem Rathausmarkt fotografiert und war von Polizisten unter Rufen wie „Scheißpresse“ geschlagen und in den Rathaus-Innenhof abgeführt worden. Als er seinen Presseausweis vorzeigte, zerriss ein Beamter das Dokument. Laut Oehrens wurde er 13 Stunden auf der Wache Kirchenallee grundlos festgehalten und beschimpft.
Hamburger Journalist Oehrens wird Spitzel der Stasi
1968 ging Oehrens als Redakteur zum linken Magazin „Konkret“, arbeitete danach beim Hessischen Rundfunk und reiste auch in die DDR. Dort wurde er 1972 von einem angeblichen Manfred Müller vom Außenministerium journalistisch betreut.
Doch der Mann war tatsächlich Offizier der Hauptverwaltung A der Stasi. Die „Aufklärung“ war die Elitetruppe des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und führte Hunderte oft hochrangige Agenten im „Feindesland“ BRD.
Stasi-Elite-Abteilung rekrutiert Hamburger Journalisten als Spitzel
Offenbar hatten die Leute von Generaloberst Markus Wolf das „Potenzial“ des jungen Journalisten erkannt. Der fertigte 1975 prompt mit Stasi-Hilfe einen DDR-freundlichen Beitrag über das Berufsbildungswesen im „Arbeiter- und Bauernstaat“. Der Titel: „Mit Hammer und Zirkel“.
Ein Jahr später ging Holger Oehrens zur MOPO, wurde Ressortleiter. Unter den Kollegen im Pressehaus am Speersort war der meist fröhliche Kollege beliebt. Keiner ahnte etwas von seinem Doppelleben, das die DDR-Geheimpolizei monatlich mit 500 Mark (250 Euro) honorierte.
Hamburger Ex-MOPO-Journalist macht mit Stasi-Offizier Urlaub
In Berichten war von „ideologischen Gemeinsamkeiten“ die Rede. Regelmäßig traf sich Oehrens mit seinem Führungsoffizier, einem Major mit Doktortitel.
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Mit dem Schweriner Stasi-Mann verbrachte er 1989 sogar noch einen gemeinsamen Urlaub in Dubrovnik und kassierte 3000 Mark (1500 Euro). Da war Oehrens allerdings schon zur Hamburg-Redaktion der „Bild“ gewechselt. Im Januar 1990 beendete die Stasi die Zusammenarbeit bei einem letzten „Abschalttreff“.
MOPO-Redakteur als Stasi-Spitzel: Mysteriöser Unfall-Tod
Die Uhr tickte für den Agenten. 1991 wurde er enttarnt und die Polizei verhaftete Oehrens, der es zum Chef der Hamburger „Bild“-Umlandredaktion gebracht hatte, im Springer-Haus. Nach kurzer Haft wurde Oehrens entlassen und zu einer Geldbuße verurteilt. Offenbar waren die Richter milde gestimmt, weil die Infos, die er dem Osten gegeben hatte, nicht besonders brisant waren.
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Am 11. Juni 1996 starb Oehrens unter nie geklärten Umständen in Bargfeld-Stegen (Kreis Stormarn) bei einem Verkehrsunfall. Später kam heraus: „Bild“-Redakteur Andreas Jost, mit dem er ein Büro geteilt hatte, war vermutlich ohne Oehrens’ Wissen auch Stasi-IM gewesen. Und auch Jost starb nach der Enttarnung bei einem Unfall.