• Jetzt wird es bissig: Der Streit bei Hagenbeck geht in die nächste Runde.
  • Foto: Patrick Sun

Häme und Empörung: Streit bei Hagenbeck eskaliert

Stellingen –

Der Streit zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat bei Hagenbeck eskaliert: Voller Häme hat Geschäftsführer Dirk Albrecht am Montag in einer Mitteilung an die Presse bekannt gegeben, dass der Betriebsrat des Tierparks neu gewählt werden müsse. Der 75-Jährige gab seine Freude darüber ganz offen zum Ausdruck. 

Die Neuwahl sei nötig geworden, weil fünf Mitglieder des Betriebsrates ihr Amt niedergelegt hätten oder ausgeschieden seien, behauptet Albrecht in der Mitteilung, die in der Auseinandersetzung um eine Kurzarbeitsvereinbarung und die Kündigung von zehn Zoo-Mitarbeitern einen vorläufigen Höhepunkt darstellt. 

Hagenbeck: Geschäftsführung freut sich auf neuen Betriebsrat

Weiter behauptet Albrecht, die Neuwahl müsse „gemäß gesetzlicher Vorgaben“ innerhalb von zehn Wochen erfolgen. „Ich freue mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem neuen Betriebsrat. Es muss wieder die Regel gelten, dass wir interne Differenzen nur intern besprechen und keine Pressekampagnen erleben. Das schadet beiden Seiten und beschädigt unnötig das Image unseres schönen Tierparks“, so der Geschäftsführer.

Doch der Geschäftsführer irrt. Ins Betriebsverfassungsgesetz hat er offensichtlich nicht geguckt. Denn dort steht in Paragraf 21, dass der Betriebsrat so lange im Amt bleibt, bis eine Neuwahl stattgefunden hat. Eine Frist ist dabei nicht vorgeschrieben. 

Hagenbeck: Der zerbrechliche Frieden ist in Gefahr

Auch was das Ausscheiden der fünf Betriebsratsmitglieder angeht, wirft Albrecht eine Nebelkerze: Denn zwei von ihnen sind bereits 2018 von ihrem Amt zurück getreten – lange bevor der Streit begann und bevor Albrecht überhaupt die Geschäftsführung übernahm. Nur eine Person legte das Amt im Zusammenhang mit der aktuellen Auseinandersetzung nieder, weil sie dem Druck nicht mehr Stand hielt. Solange hatte es aber immer noch Nachrücker für das Gremium gegeben. Dass der Betriebsrat nun nicht mehr funktionsfähig ist, liegt daran, dass eine Betriebsrätin aus persönlichen Gründen bei Hagenbeck gekündigt hat und das Unternehmen verlässt.

Der zerbrechliche Frieden, der vergangene Woche vor der Einigungsstelle zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat geschlossen worden war, ist aufgekündigt. „Das Gentleman-Agreement ist vorbei“, erklärt Dirk Johne von der Gewerkschaft IG Bau, die den Betriebsrat berät.

Gewerkschaft: „Herr Albrecht bricht demokratische Regeln“

Denn: „Herr Albrecht hat kein Interesse, sich an die Grundlagen des demokratischen Systems zu halten“, schimpft Johne. So habe man am vergangenen Dienstag nach langer Verhandlung um 22 Uhr die Einigung zur Kurzarbeitsvereinbarung abgeschlossen. Keine 24 Stunden später habe die Geschäftsführung bereits per Mail eine Aufforderung zur Nachverhandlung verschickt.

Knackpunkt: Die in der Einigungsstelle vereinbarte Kurzarbeitsregelung gilt ab 13. Januar. Die Geschäftsführung will sie nun aber plötzlich – entgegen der Einigung – rückwirkend schon ab 1. Dezember in Kraft setzen. Im übrigen habe Dirk Albrecht erst in dieser Woche eine neue Corona-Betriebsanweisung für den Zoo in Kraft gesetzt – ohne den Betriebsrat zu beteiligen, obwohl der bei solchen Maßnahmen ein gesetzliches Mitbestimmungsrecht hat. Und schließlich hat die Geschäftsführung dem Betriebsrat am heutigen Montag eine Unterlassungserklärung zugestellt, die den Betriebsrat dazu verpflichten soll, die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber nicht an einen Rechtsanwalt zu delegieren.

Gewerkschaft: Mitarbeiter wurden nicht über Rücknahme der Kündigung informiert

„Das ist ein Versuch, die dem Betriebsrat zustehende anwaltliche und gewerkschaftliche Beratung zu unterbinden!“, empört sich Dirk Johne. „Herr Albrecht selbst kommt natürlich immer mit seinem Anwalt.“

Auch zum Vorwurf einer „Pressekampagne“ seitens des Betriebsrats hat der Gewerkschaftsmann eine Meinung: „Herr Albrecht beklagt, dass die Auseinandersetzung in der Presse ausgetragen wird. Dabei hat er die Rücknahme der neun Kündigungen bisher ausschließlich der Presse mitgeteilt. Die betroffenen Kollegen selbst sind darüber bisher nicht rechtswirksam informiert worden“, so Johne.

Stellenausschreibung auf der Homepage sorgt für Irritation

Pikant: Auf der Hagenbeck-Homepage steht seit Neustem eine Stellenausschreibung für den Kassenbereich des Zoos. Das steht nicht nur im Widerspruch zu den ausgesprochenen Kündigungen, sondern auch zu der Einführung von Kurzarbeit im Tierpark. Während der Dauer von Kurzarbeit darf es keine Neueinstellungen geben.

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Kommende Woche wird es vor Gericht um die zehnte Kündigung gehen – die des Betriebsratsvorsitzenden Thomas Günther, eines Tierpflegers, der ein Hagenbeck-Urgestein ist. „Dort werden die Unwahrheiten von Herrn Albrecht alle aufgedeckt werden“, prophezeit Dirk Johne. Und: „Der Betriebsrat steht geschlossen hinter seinem Vorsitzenden!“

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