St. Paulis Wirtschafts-Boss: Eigene Trikots ein Renner, Shop-TV ein Flop
Es ist ein Novum beim FC St. Pauli. „Wir machen Betriebsferien“, sagt Bernd von Geldern. Urlaub für alle. Die Mitarbeiter:innen der Fanshops bekommen dann im Januar frei. „Wir haben das Gefühl, dass alle mal zur Ruhe kommen müssen.“ Es sei ein Geschenk „für das wahnsinnig anstrengende Jahr“. Vom 27. bis 31. Dezember arbeitet also nahezu niemand beim Kiezklub, auch nicht der Geschäftsleiter Wirtschaft. Zum Jahresende spricht von Geldern über…
…Sponsoren: „Beim Hauptsponsor Congstar sind wir in letzten Abstimmungsgesprächen, können aber noch nicht vermelden, dass wir final verlängern. Aber wir sind bester Dinge. Wir haben tolle Sachen zusammen gemacht, das kann modellhaft sein für die Themen, die wir in Zukunft machen werden mit anderen Partnern. Bei Congstar war es vor allem „Kein Platz für Rassismus“, das kann auch eine Blaupause sein für zum Beispiel Followfood als nachhaltiger Lebensmittelanbieter. Da sieht man, dass das Zusammenspiel zwischen Sponsoren und Verein noch stärker wird. Wir haben mitten in der Pandemie den Mumm gehabt, nach Under Armour diesen Unternehmergedanken mit DIIY durchzusetzen, haben mit Astra zehn Jahre verlängert, wir haben mit bwin verlängert und haben vor, noch weitere Nachhaltigkeitsunternehmen an uns zu binden. Das zeigt auch die Strategie, die wir in der Vermarktung verfolgen.“
Corona sorgt für Probleme bei St. Paulis Ticketing
…Corona-Probleme beim Ticketing: „Wir müssen tierisch kurzfristig reagieren. Das haben wir gelernt, aber es stresst die Organisation ungemein. Es ist niemandem ein Vorwurf zu machen, im Moment müssen wir weiter auf Sicht fahren. Wir wissen heute noch nicht, wie viele Zuschauer wir gegen Aue und Dortmund ins Stadion lassen können. Im Moment gehen wir von der aktuellen Verordnung und 15.000 Zuschauern gegen Aue aus, so dass wir nicht alle Dauerkarten freischalten können, was vermutlich dazu führt, dass wir die Dauerkarten wieder einmal sperren und die Karten neu verkaufen müssen.“
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…die eigene Ausrüster-Marke DIIY: „Das Geschäftsmodell DIIY ist vollumfänglich aufgegangen. Es sollte keinen überraschen, dass wir um Weihnachten bei den Trikots ausverkauft sind. Wir werden mit circa 30.000 auf einen Rekordwert kommen, der sich abgezeichnet hat. Ich habe das Gefühl, mehr können wir nicht verkaufen. Wir verzichten auch darauf, neue Trikots nachzubestellen. Das ist dann einfach ein rares Gut gewesen. Alles aus der ganzen DIIY-Bandbreite verkauft sich gut.“
…Auswirkung des sportlichen Erfolgs auf seinen Bereich: „Wir stürzen nicht in tiefste Keller, wenn wir absteigen würden. Dann geht es natürlich ein bisschen in die Knie, aber nicht so existenziell, wie bei anderen Bundesligisten. Genauso groß ist der Hub nach oben nicht, wenn wir sportlich erfolgreich sind. Was etwas bringt, ist ein Samstagabendspiel. Free-TV mit Sky zusammen – da kommt man auf eine siebenstellige Zuschauerzahl, das merken wir schon. Natürlich ist die Chance groß, dass bei einem möglichen Erstliga-Szenario auch diese Umsätze anziehen, aber das ist nicht eine Verdopplung.“
Von Geldern selbstkritisch: „Shop-TV ist uns misslungen“
…den Flop mit dem Fanshop-TV: „Wir haben ein völlig überzogenes Format gewählt, um etwas zu probieren. Wir waren uns sicher, dass das als Satire gesehen wird, dass uns zugetraut wird, dass wir uns auch ein bisschen selber auf die Schippe nehmen. Das ist uns misslungen, deshalb haben wir das Format dann abgesetzt. Da fällt uns kein Zacken aus der Krone. Unser Kommentator dazu hätte uns nicht passieren dürfen, aber es werden immer wieder Fehler passieren.“
…die Schwierigkeit des Jobs und Kritik: „Kritik, solange sie sachdienlich ist, muss auch sein. Wir halten es als Organisation aus, wenn Gegenwind kommt. Mir tut es dann für meine Mitarbeiter:innen leid, wenn so ein ungefilterter Shitstorm auf uns niederprasselt. Wenn einem sozusagen die Teilnahme an der Werte-Welt des FC St. Pauli abgesprochen wird, dann führt das häufig zu einer Frustration bei den Jüngeren. Ich bin jetzt 55, ich kann das aushalten. Wir wissen, wo wir bis 2025 hinwollen, welche Partner wir ansprechen wollen, und wo das womöglich auch nicht geht.
Thema Tarifvertrag soll bei St. Pauli weiter verfolgt werden
…einen Tarifvertrag beim FC St. Pauli: „Man kann in der Krise nicht alles zugleich meistern. Aber Themen wie Lohngerechtigkeit oder Transparenz der Vergütung sind für uns wichtig. Man hätte es vor der Mitgliederversammlung erst intern ausführlich diskutieren sollen. Wir nehmen das dankbar an und werden uns ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen und professionell mit großer Verve bearbeiten.“
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…den Ausblick auf 2022: „Nach einem wunderbaren ersten Geschäftshalbjahr, wo das Zwischenfazit bei all den genannten Verträgen, bei der sportlichen Entwicklung, bei den Prozessen, die wir angestoßen haben, eine glatte Eins war, eint uns die Sorge um das ,Wie geht es weiter?‘. Natürlich ist Dortmund ein wirtschaftlich hochinteressantes Spiel, und es ist schon ein Unterschied, ob das vor null oder 30.000 Zuschauern stattfindet. Wie viele andere DFL-Vereine haben wir auch angenommen, dass wir in der Hinserie 50 Prozent der Leute reinlassen können und in der Rückserie 100. Das ist die Grundlage einer Kalkulation vor einem Dreivierteljahr gewesen. Und das ist eben nicht unbedingt absehbar.“