Nach Niederlage bei der CDU-Wahl: Warum Friedrich Merz nun endlich verschwinden sollte
Kommentar –
Für Friedrich Merz war der Samstag des digitalen Parteitags der CDU ein Déjà-vu: Abstimmung, Stichwahl, Niederlage – das hatte es auch schon im Dezember 2018 gegeben, als der Ex-Unionsfraktionschef der heutigen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer unterlag.
Das gemeine Partei-Establishment, über das er zuvor immer wieder gemeckert und geschimpft hatte, hat Merz und seinen Plänen fürs Kanzleramt jetzt den Stecker gezogen. Für die CDU ist das eine hervorragende Nachricht.
Und der ehemalige Blackrock-Aufsichtsrat sollte die Pleite zum Anlass nehmen und endgültig von der politischen Bühne verschwinden. Das würde nicht nur (M)Erzfeindin Angela Merkel (CDU) auf ihre alten Kanzlerinnentage freuen, sondern wäre auf vielen Ebenen gut.
Merz mag Kapitalismus. Soziales: Nicht so sein Ding
Erstens: für den Zusammenhalt in unserem Land.
Wie sich mein Kollege, MOPO-Chefredakteur Maik Koltermann, im Herbst so treffend ins Gedächtnis rief, ist Friedrich Merz nämlich der Mann, der einst seinen Laptop an einem Berliner Taxistand verloren hat, und dem Obdachlosen, der das Gerät fand und bei der Polizei abgab, als Dank ein handsigniertes Buch zukommen ließ. Titel: „Nur wer sich ändert, wird bestehen. Vom Ende der Wohlstandsillusion – Kursbestimmung für unsere Zukunft“. Dazu noch die Widmung: „Vielen Dank an den ehrlichen Finder.“
Ein typischer Merz – denn dieser Mann liebt den Kapitalismus, während er für Nächstenliebe offensichtlich eher weniger übrig hat. Lieber bezeichnet er eine mögliche Steuererhöhung für Top-Verdiener als „Neidsteuer“ oder spielt die Diskussionen zur Gleichberechtigung der Geschlechter als nebensächliche Nischendebatte runter. Frauenrechte? Auch nicht so das Ding von Friedrich Merz, womit wir beim nächsten Punkt wären.
Merz-Niederlage: Ein Freudentag für Frauen
Frauen können sich über die Merz-Niederlage freuen – auch, oder insbesondere, die CDU-Frauen.
Es mag unfair sein, in diesem Zusammenhang alte Kamellen aus dem letzten Jahrtausend hervorzukramen, aber eine Sache macht noch immer so fassungslos, dass dieses Mosaik einfach auch ins Merz-Bild 2021 gehört: Als 1997 im Bundestag über die Vergewaltigung in der Ehe angestimmt wurde und darüber, ob diese als eigener Straftatbestand ins Gesetz aufgenommen werden sollte, stimmte Friedrich Merz dagegen.
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Und offensichtlich glauben nicht einmal seine eigenen Parteikolleginnen daran, dass seitdem bei dem bei Merz der große Sinneswandel stattgefunden hätte: Zumindest die Frauen Union hatte vor dem Parteitag öffentlichkeitswirksam angekündigt, ihn nicht zu wählen.
Hamburgs CDU-Chef gegen Frauenquote
Frauenquoten? Hält der Politiker für Leistungshemmer. Unterstützt wird er in dieser Ansicht übrigens auch von dem Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß, der das Leistungsprinzip immer wieder gern als Argument gegen die Quote ins Feld führt.
Dazu seien an dieser Stelle zwei Fragen erlaubt: Wie viele Frauen sitzen noch gleich für die CDU in der Bürgerschaft? Genau! Drei (von 15). Und wie viel Prozent holten die Christdemokraten noch gleich bei der letzten Bürgerschaftswahl? Genau! 11,2 Prozent. Die haben es eben drauf, die CDU-Jungs.
Armin Laschet hat die bessern Vermittlungs-Skills
Während Armin Laschet in seiner Bewerbungsrede klar und ausführlich betonte, die CDU müsse jünger und weiblicher werden, berief sich Merz auf seine Frau: Die hätte ihn schließlich nicht vor 40 Jahren geheiratet, wenn er da „ein altes Bild vor Augen hätte“.
Ach so.
Und damit gleich zum dritten Punkt: Die CDU kann sich mit ihrem frisch gebackenen Chef Armin Laschet endlich an die Konfliktbewältigung machen.
Die Christdemokraten gelten als tief zerstritten – zwischen dem Merkel-Lager und dem rechtskonservativen Lager, zu dem auch die umstrittene Werteunion mit ihrem Promi-Mitglied Hans-Georg Maaßen zählt, klafft ein tiefer Graben.
Laschet gibt sich nahbar und menschlich
Der neue CDU-Chef hat jetzt die knifflige Aufgabe, den zerstrittenen Haufen zu einer motivierten Mannschaft zu formen, die dann geeint in den Bundestagswahlkampf ziehen kann. Alle drei Kandidaten, ob nun Röttgen, Laschet oder Merz, haben in ihren Bewerbungsreden betont, sie wollten da mit aller Kraft dran arbeiten.
Aber mal Hand aufs Herz: Wem würden Sie das eher zutrauen? Einem Kandidaten, der mit ehrlichen Worten betont, dass die Menschen von ihm genau das bekämen, was er eben sei, nämlich Armin Laschet? Dessen Vater ihm für den großen Tag seiner Bewerbungsrede einen Glücksbringer eingepackt hat und der zwischendurch bei aller Spannung auch mal herzlich auf der Bühne lachen konnte?
Oder Friedrich Merz?
Merz‘ großzügiges Angebot, für Peter Altmaier als Wirtschaftsminister einspringen zu können, hat Kanzlerin Merkel übrigens schon dankend abgelehnt. Und irgendwie hatte man sie an diesem Schicksalssamstag für die CDU vor sich, die Kanzlerin. Mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen.