Ziemlich beste Freunde: Der Kuschelkurs der Grünen mit der Polizei
ANALYSE –
Die Grünen waren einst eine polizeikritische Partei. Das hat sich geändert. Aus großen Kritikern wurden ziemlich beste Freunde. Dabei geht es auch um Macht.
Sie habe „grundsätzlich Vertrauen“ in die Arbeit der Polizei, verkündete Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) am Montagabend – und beendete damit eine Debatte in ihrer Partei über die Polizeitaktik am 1. Mai. Diese hatte vor allem Fraktionschefin Jenny Jasberg kritisiert. Doch die neue Linie der Grünen scheint: Man ist erstmal grundsätzlich unkritisch.
Hamburgs Grüne auf Kuschelkurs mit der Polizei
Dabei geht es gar nicht um „Vertrauen“, wie Fegebank meint. Sondern um eine ganz simple Sachfrage: War das Vorgehen der Polizei verhältnismäßig, also vor allem angemessen?
Fegebanks „Generalvertrauensbeweis“ für die Polizei ist kein Zufall. Die Grünen wollen die stärkste bürgerliche Macht werden – und zwar auch im Bereich Innere Sicherheit. Die einstige Sponti-Truppe will die Innenministerien der Republik erobern, die letzte Bastion von CDU und SPD.
Kritik an der Polizei? Lieber nicht
Das aber geht nicht gegen den Polizeiapparat – also geht man auf Kuschelkurs. Das letzte Mal, dass sich Hamburgs Grüne dezidiert gegen die Polizei gestellt haben, war bei der Einführung der (später gerichtlich gekippten) „Gefahrengebiete“ auf St. Pauli. Damals regierte man auch noch nicht mit.
Als dagegen nach dem G20-Gipfel die Debatte um Polizeigewalt hochkochte, tauchten die Grünen erstmal ab. Von Aufklärungswillen war auch im späteren Untersuchungsausschuss wenig zu spüren.
Stattdessen überlegte man vor den Koalitionsverhandlungen im Frühjahr 2020, ob man nicht die Innenbehörde für sich beanspruchen sollte – um dann den ersten grünen Innenminister der Republik zu stellen.
Auch das ist Teil einer größeren Strategie: Im Herbst erklärte Robert Habeck auf die Frage, ob die Zeit für einen grünen Innenminister im Bund reif sei: „Absolut“! Denn, so Habeck: „Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, wie zentral die Polizei als Hüterin der Verfassung, von Rechtstaatlichkeit und Demokratie ist. Damit einher geht unsere umfassende Verantwortung für Sicherheitspolitik in Deutschland.“
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Dass die Polizei manchmal aber selbst die Grenzen der Verfassung überschreitet – siehe Hamburger Gefahrengebiete – steht da nicht mehr so im Fokus. Und für die Hamburger SPD ist seit der Niederlage gegen Schill eh klar: Nie wieder will man im Bereich Innere Sicherheit vermeintliche Schwäche zeigen und sich von Rechts angreifbar machen. Also wird eine kompromisslose, mittlerweile als „Hamburger Linie“ bekannte Polizeitaktik bedingungslos unterstützt. Dessen prominentester Vertreter, G20-Einsatzleiter Hartmut Dudde, wurde noch während des G20-Untersuchungsausschusses unter Rot-Grün zum mächtigsten Polizisten der Stadt befördert.
Die Grünen sind natürlich nicht blöd: Ihr altes Milieu ist für sie längst zu klein, der alternative Kiez-Bewohner ist nicht mehr primäre Zielgruppe. Und bei der bürgerlichen und gern auch etwas konservativen Klientel kommt es wohl auch ganz gut an, wenn den Klassenkämpfern von der Polizei klare Grenzen gesetzt werden.