• Top-Segler Boris Herrmann (39) lebt in Hamburg, ist verheiratet und seit Juni 2020 Vater einer kleinen Tochter.
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Nach über 80 Tagen im Ziel: Boris Herrmann: Mitten ins Herz gesegelt – trotz Kollision!

Es ist eine Heldengeschichte, so oder so. Und es ist eine Katastrophe aus Sportler-Sicht: Bis zuletzt kämpfte Hamburgs Super-Segler Boris Herrmann im irrsten Segel-Rennen um die Welt, der Vendée Globe, um einen Platz auf dem Podest. Bis zuletzt auf Siegeskurs, bis zuletzt bester Hoffnung – doch dann wurde der Endspurt zum Drama. Und Hamburg ist trotzdem wahnsinnig stolz.

Nach 80 Tagen, 14 Stunden, 59 Minuten und 45 Sekunden sollte Herrmann den französischen Start- und Zielort Les Sables-d’Olonne als Vierter wieder erreichen. Doch kurz zuvor kam es zu einem Zwischenfall – einem Zwischenfall mit Folgen. Herrmanns Team Malizia teilte mit, der Segler habe etwa 90 Meilen vor dem Ziel einen Unfall gehabt und sei offenbar mit einem Fischerboot kollidiert. Einer der Tragflügel des Bootes sei dabei beschädigt worden. Mit gedrosselter Geschwindigkeit segelte er die letzten Kilometer in Richtung Ziel.

Greta Thunberg gratulierte Boris Herrmann schon Tage zuvor

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Im August 2019 segelte Boris Herrmann Klima-Aktivistin Greta Thunberg  und ihren Vater nach New York.

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Greta Thunberg hatte ihm schon Tage zuvor gratuliert: „Es macht mich wirklich glücklich zu sehen, dass Segelfans auf der ganzen Welt und in ganz Deutschland nun wissen, was für eine großartige Person du bist.“ Die beiden verbindet nicht nur der gemeinsame Trip vor eineinhalb Jahren, sondern auch ihr Engagement für den Klimaschutz.

„Nachhaltigkeit – ein Rennen, das wir gewinnen müssen“ steht in Englisch auf dem Mastbaum der „Seaexplorer – Yacht Club de Monaco“, Herrmanns Boot. Nachhaltigkeit war auch das Thema der Abschlussarbeit seines BWL-Studiums, das er an der Universität in Bremen mit der Note 1,8 abschloss.

Boris Herrmann: Verrückter, Vater Super-Segler

So war er schnell von der Idee begeistert, auf der Reise über alle Ozeane mit einem vollautomatischen Labor an Bord alle 20 Sekunden CO2-Wert, Temperatur und Salzgehalt des Meerwassers messen zu lassen. Die gespeicherten Daten wurden regelmäßig an das Max-Planck-Institut für Meteorologie übermittelt.

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Regelmäßig schickte Boris Herrmann Bilder von seinem Alltag. Hier:  Heiligabend auf See.

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Boris Herrmann: Ohne Strom auf hoher See

Beinahe wäre dieser Fluss an Informationen zum Stillstand gekommen, denn bei hoher Geschwindigkeit waren die Propeller zweier Hydrogeneratoren zur Stromerzeugung abgerissen. Herrmann konnte sie reparieren. Ohne Strom wäre auch das wichtigste Sprachrohr Herrmanns stumm geblieben, seine Satellitenverbindung: Die täglichen Einträge auf Instagram, die Videobotschaften und Online-Presserunden hätte es nicht mehr gegeben.

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Gerade sie haben Herrmann nicht nur in Deutschland zu einem Star gemacht. Dass er im Gegensatz zur meist französischen Konkurrenz all seine Erlebnisse in englischer Sprache mitteilte, machte ihn weltweit zu einem Gesicht der Vendée Globe. Sehr zur Freude seiner Sponsoren.

Boris Herrmann Prinz Albert von Monaco

Auf gut 15 Millionen Euro wird der Etat seines „Teams Maliza“ geschätzt. Ein Werbepartner ist das Logistikunternehmen Kühne+Nagel, das mit seinem Projekt Seaexplorer eine intelligente Plattform für nachhaltigen Seefracht-Service anbietet. Ein weiterer ist der Yacht Club de Monaco, dessen betuchter Chef Prinz Albert sich über mehr Wahrnehmung seines kleinen Fürstentums freut.

Pierre Cashiragi: Co-Skipper von Boris Herrmann

„Gratulation, Boris, für alles, was du bisher geschafft hast – das ist fantastisch. Ich bin so stolz auf dich und freue mich für dich“, sagte Prinz Albert vor gut einer Woche bei einer Live-Schalte auf die Yacht im offiziellen Vendée-Globe-Stream. Alberts Neffe und Patenkind Pierre Cashiragi ist Gründer des „Team Maliza“, Co-Skipper und Freund von Boris Herrmann.

Durch die Unterstützung von Cashiragi konnte Herrmann seinen Lebenstraum, die Vendée Globe, erst verwirklichen.

Boris Herrmann: Geboren in Oldenburg

Seit der Geburt in Oldenburg drehte sich bei Boris Herrmann alles ums Segeln. Vater Moritz war selbst aktiv und nahm seinen Sohn schon nach wenigen Monaten mit auf die ersten Segelturns. Erst Recht, als ein Arzt bei Boris Herrmann im Alter von zwei bis drei Jahren Atemprobleme feststellte und empfahl, ihn so oft wie möglich an die Küste zu bringen, wie Vater Moritz der Nordwest Zeitung berichtete.

Boris Herrmann konnte also fast nicht anders, als mit dem Segelsport zu beginnen. Und das erfolgreich. Im Zweiergespann wurde er in der Jugend auf einem 505er (Bootsmaße von 5,05 Meter Länge) sogar Deutscher Meister. Das Offshore-Segeln auf hoher See blieb aber immer sein Herzenswunsch.

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Fast wie fliegen: Die Seitenflügel („Foils“) heben das Boot von Boris Herrmann aus dem Wasser.

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Bereits mit 19 Jahren segelte er bei der Mini-Transat-Regatta das erste Mal allein über den Atlantik. Mit Felix Oehme siegte er 2009 beim Portimão Global Ocean Race rund um die Welt. 2016 scheiterte eine Teilnahme an der Vendée Globe mangels Sponsoren. Mit dem Fürstentum und dem Enthusiasmus von Pierre Cashiragi im Rücken wurde dieses Vorhaben nun Wirklichkeit.

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Pierre Casiraghi (l), Sohn von Prinzessin Caroline von Monaco, und Boris Herrmann unter Deck der Rennyacht „Malizia“ (Foto von 2018).

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Boris Herrmann und die Strapazen der Vendée Globe

Während der Liveschalte mit Prinz Albert sah man Boris Herrmann die Strapazen der Reise aber schon deutlich an. Kein Wunder, war an Schlaf in der engen Rohrkoje während all der Zeit nur schwer zu denken. „Mehr als eine Stunde habe ich nie geschlafen. Meist waren es nur 10 bis 15 Minuten am Stück, denn irgendwo ging immer ein Alarm im Bordcomputer, änderten sich der Wind oder die Wellenverhältnisse“, sagte der 39-Jährige.

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Boris Herrmann in seiner Rennyacht „Seaexplorer – Yacht Club de Monaco“. Im Final-Krimi der Vendée Globe spielt Herrmann eine der Hauptrollen.

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Um dennoch ein wenig während der Arbeit zu entspannen, wurde ein spezieller Sitz für ihn nachgerüstet, der sich mit dem Boot neigen kann. „Da kann ich mich ausruhen, das Boot einfach nur beobachten und das Radar und die Alarmsysteme im Auge behalten. Und ich kann dort auch essen“, sagte Herrmann.

Vendée Globe: Boris Herrmann und die Astronautenkost

Die Kost war aber nicht sehr vielfältig. Auf fast allen Booten wurde getrocknete Astronautennahrung mit Wasser erwärmt und dann direkt aus der Verpackung gegessen.

Für die Notdurft musste auf der Seaexplorer ein Eimer mit biologisch abbaubaren Mülltüten herhalten. Eine Toilette gibt es nicht. Diese Tüten wurden von Herrmann anschließend über Bord geworfen. Die Körperhygiene erledigten oftmals die wild hereinschlagenden Wellen, ansonsten half das kühle Nass aus der Frischwasseraufbereitungsanlage.

Boris Herrmann: Motivation durch Frau und Tochter

Für die größte Motivation sorgten zwei Personen aus der Ferne: Herrmanns Ehefrau Birte, die er 2014 in einem Café in Ottensen kennenlernte und 2020 heiratete, sowie Tochter Marie Louise, die erst im Juni zur Welt kam.

„Wenn es ihm schlecht ging, hat er mich angerufen. Aber auch die schönen Momente mit mir geteilt. Und auch ich konnte ihn immer erreichen. Wir waren gegenseitig Seelentröster“, sagte Birte Lorenzen-Herrmann. Angst um ihren Mann hatte sie nicht: „Er weiß ja, was er tut. Er würde nie ein Risiko eingehen. Da mache ich mir mehr Sorgen, wenn er mit dem Auto zum Training nach Frankreich runterfährt.“

Boris Herrmann ist sich den Entbehrungen, die seine Frau für ihn in Kauf nimmt, bewusst. Aber: „Ohne geht es nicht. Wenn der Partner nicht mitzieht, gehen die Beziehungen der Profisegler kaputt.“

Die kleine Marie Louise wird von dem Trubel nichts mitbekommen haben. Ihr Papa hatte sie bis zum Start der Vendée Globe nur vier Monate gesehen. Nach 80 Tagen Soloritt auf hoher See gehört sie aber zu den ersten Menschen, die Herrmann in Les Sables-d’Olonne wieder in die Arme schließen darf. 

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