Kommt die Impfpflicht nun doch nicht?
Das Thema Impfpflicht treibt den Wutpegel derzeit verlässlich in die Höhe. Es dominiert auf der Straße bei den Corona-Demos, beschäftigt Politiker und Ärzte. Bis März wollte Kanzler Olaf Scholz (SPD) die allgemeine Impfpflicht einführen. Nun ist klar: Daraus wird nichts.
Der bisherige Plan ist nicht zu halten. So viel steht mittlerweile fest. Grund ist einerseits der Zeitplan von Bundestag und Bundesrat, andererseits Beratungsbedarf bei den Ampel-Parteien und die Klärung wichtiger juristischer Fragen.
Kein genaues Datum für Verabschiedung der Impfpflicht
Erst am 24. Januar beginnt nun die informelle Orientierungsdebatte, die erste Lesung ist für den 14. Februar angesetzt. Der Bundestag muss dem Projekt zustimmen – und tagt erst wieder am 8. April. Die Verabschiedung dürfte sich damit wohl bis in den Mai/Juni hinziehen.
Schlechte Planung oder Absicht? Klar ist: Die Impfpflicht ist nicht das Lieblingsprojekt der Ampel-Parteien. Sie brechen damit alte Versprechen. Schließlich wurden im vergangenen Jahr Politiker über die Parteigrenzen hinweg nicht müde zu wiederholen, dass es keine Impfpflicht geben werde. Doch die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems aufgrund der Delta-Variante ließ viele von ihnen zurückrudern.
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Während die Union mehr Tempo fordert, sind die Ampel-Parteien zurückhaltend. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte dem Berliner „Tagesspiegel“: „Die Beratungen im Bundestag sollten wir im ersten Quartal zum Abschluss bringen.“ Mit Blick auf Verzögerungen sagte er, die Impfpflicht wirke ohnehin nicht kurzfristig, sondern sei „perspektivisch eine Vorsorge für den kommenden Herbst und Winter“. Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, betonte: „Das ist keine einfache Entscheidung, das bedeutet einen tiefen Eingriff.“ Nur Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte der „Bild am Sonntag“: „Der Bundestag sollte schnell entscheiden, ob eine Impfpflicht eingeführt wird. Und wenn ja, für wen.“
Juristische Fragen müssen noch geklärt werden
Generell gibt es jedoch gerade in der FDP etliche Stimmen gegen die Impfpflicht. Der bekannteste Kritiker: Partei-Vize Wolfgang Kubicki. In der Union mutmaßt man bereits, ob die FDP das Projekt bewusst verschleppen wolle. Denn sollte die Omikron-Welle tatsächlich das ersehnte Ende der Pandemie bringen, könnte auf eine Impfpflicht verzichtet werden.
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Doch es stellen sich gerade mit Blick auf Omikron auch juristische Fragen: „Ob angesichts womöglich nur geringer Schutzwirkungen Eingriffe in das Recht auf körperliche Unversehrtheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das die Entscheidungsfreiheit bei Gesundheitsfragen schützt, verhältnismäßig sind? Da habe ich große Zweifel“, sagte der Jurist Stephan Rixen, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bayreuth, dem „ZDF“.
Die Impfpflicht wird durch ein Parlamentsgesetz geregelt. Für die Überprüfung wäre das Bundesverfassungsgericht zuständig. Dessen Urteil ist noch nicht absehbar – und auch nicht, ob das Projekt überhaupt soweit vorangetrieben wird. Sollte die Impfpflicht kommen, müssten auch konkrete Pläne zur Umsetzung, Kontrolle und Sanktionen vorliegen.