Ukraine-Gespräche: „Eine Frage von Leben und Tod“
Der Ukraine-Konflikt konnte bislang nicht befriedet werden. Die USA beklagen das Droh-Szenario russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine. Russland wiederum fürchtet, dass die NATO noch näher an ihren Einflussbereich rücken könnte, schwelgt weiter in Großmachtfantasien. Nach dem Telefonat der Staatschefs kommt es nun in Genf zu Gesprächen auf neutralem Boden.
Wie ist die Ausgangslage?
Nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 rasselt Russland an der Grenze zur Ukraine weiter mit dem Säbel. Zweimal kam es im vergangenen Jahr zu größeren Truppenaufmärschen. Befürchtet wird, dass russische Soldaten in der Ex-Sowjetrepublik einmarschieren könnten. Russland bestreitet solche Pläne. Die USA haben im Fall einer Invasion massive Sanktionen angedroht.
Russland will die Aufnahme weiterer osteuropäischer Länder in die NATO verhindern und verlangt eine Garantie, dass die Ukraine niemals Mitglied wird. Außerdem will es umfassende Sicherheitsgarantien. Hierbei geht es etwa um Raketenstationierungen in der Nähe Russlands. Noch im Dezember hatte ein Sprecher von Präsident Wladimir Putin gesagt, dies sei „eine Frage von Leben und Tod“. Sollten Russlands Forderungen nicht erfüllt werden, gebe es eine „militärisch-technische Antwort“.
Der historische Hintergrund:
Die NATO wurde einst gegründet als Gegenblock zum sowjetisch dominierten Ostblock. Als dieser um 1990 herum zerfiel, entstand ein Machtvakuum. Russland allerdings hat seinen Hegemonialanspruch über die Region nie wirklich aufgegeben.
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Dennoch stimmte damals Präsident Boris Jelzin zu, dass 1999 Ungarn, Polen und Tschechien der NATO beitraten. Bedingung war die „NATO-Russland-Grundakte“ von 1996, in der unter anderem geregelt ist, dass die Stationierung nuklearer Waffen in den neuen Mitgliedsstaaten beschränkt wird. De facto hat Russland so einer Ost-Erweiterung der NATO zwar zugestimmt. Dennoch fühlt sich das Land bedroht, vor allem seit der damalige US-Präsident George W. Bush 2008 eine Aufnahme Georgiens und der Ukraine ins Spiel brachte.
Die Rolle Deutschlands und der EU:
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte im Vorfeld der Gespräche Russlands und der USA betont: „Ohne uns wird über uns nichts entschieden.“ Europa habe also mitzureden, wenn europäische Sicherheitsfragen verhandelt werden.
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Ähnlich sieht das unsere Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Sie betonte, dass europäische Geschlossenheit nun wichtig sei: „Der wichtigste Hebel, den wir als Europäer haben, ist unsere Einigkeit.“ Gleichzeitig, Baerbock gilt als scharfe Kritikerin russischer Machtansprüche und Befürworterin der NATO, polterte sie: Sollte Russland erneut ukrainische Gebiete angreifen, drohten „schwerwiegende Konsequenzen“.
Die Verhandlungen:
Am Sonntagabend gab es ein erstes Gespräch zwischen den Vizeaußenministern, Wendy Sherman auf US-Seite, Sergej Rjabkow auf russischer. Am Montag gingen die Gespräche weiter. Beide Seiten schlugen zunächst die altbekannten Pflöcke ein. Rjabkow sagte im Vorfeld: „Die amerikanische Seite muss sich auf Kompromisse einstellen.“ Und Sherman betonte, man fühle sich den Prinzipien der territorialen Integrität verpflichtet. In der Ukraine-Krise kam man sich dann auch nicht wirklich näher. Aber: Die USA boten Russland weitere Gespräche zur Abrüstung in der Region an.
Dienstag und Mittwoch sind weitere Gespräche des NATO-Russland-Rates und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geplant. (km)