Hamburg 1962 bei Twitter: Jahrhundertflut in Echtzeit erleben
Sie ist bis heute im Gedächtnis der Hamburger verankert: die größte Flutkatastrophe, die die Hansestadt im 20. Jahrhundert erlebt hat. 315 Menschen starben, mehrere Tausend Menschen wurden obdachlos, als der Orkan „Vincinette“ in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 mit 130 Stundenkilometern Windgeschwindigkeit über Norddeutschland hinwegfegte. Häuser wurden abgedeckt, Bäume entwurzelt, und im Süden Hamburgs brachen die Deiche, nachdem das Wasser der Elbe auf 5,70 Meter gestiegen war. Es ist die Nacht, in der der damalige Polizeisenator Helmut Schmidt bundesweit bekannt – und zur lebenden Legende wird.
Zum 60. Jahrestag der Sturmflut starten die Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung, NDR und MOPO ein einzigartiges Projekt auf Twitter. Machen Sie gemeinsam mit uns eine Zeitreise: Die User haben die Möglichkeit, die Flut und ihre Vorgeschichte live mitzuerleben.
Einzigartiges Twitter-Projekt zur Sturmflut 1962 startet
Erstmals werden Abläufe und Zusammenhänge rund um die Flut in Echtzeit dargestellt. Auf dem Twitter-Account „60 Jahre Hamburger Flut“ – @HHFlut1962 beziehungsweise #HHFlut – können die Follower einen Blick in Original-Quellen werfen: Lesen Sie Helmut Schmidts handschriftliche Notizen aus den Sitzungen des Krisenstabs oder die Einsatzmeldungen der Hilfskräfte. Sehen Sie historisches Bildmaterial und amtliche Unterlagen, die die Katastrophe dokumentieren.
Das Projekt startet am Samstag, 15. Januar 2022, und dauert bis Montag, 28. Februar 2022. Es ist eine Art Countdown:
16. Januar 1962 – noch 32 Tage bis zur Flut: Schmidt legt sein Bundestagsmandat nieder und erhält als erster Innensenator Hamburgs seinen Senatorenausweis.
17. Januar 1962 – noch 31 Tage bis zur Flut: Ironie des Schicksals? In Hamburg wird die zweite Deutsche Bootsausstellung eröffnet, bei der über 120 Betriebe Einblicke in ihre Arbeit geben. Zu dieser Zeit ahnen die Hamburger nichts von der bevorstehenden Katastrophe.
19. Januar 1962 – noch 29 Tage bis zur Flut: Um 10 Uhr beginnt eine ganztägige Senatstagung. Eine Reihe von Änderungen steht an. Gäbe es eine Katastrophe, würden alle wie aufgeregte Hühner durcheinanderlaufen, ist Schmidt sicher. Damit genau das nicht passiert, arbeitet der Senat unter seiner Leitung an einer Neuregelung des Katastrophenschutzes.
20. Januar 1962 – noch 28 Tage bis zur Flut: Der Himmel ist bedeckt, es regnet, 6 Grad Celsius, mäßiger Wind.
23. Januar 1962 – noch 25 Tage bis zur Flut: Auf einer Pressekonferenz in Bonn berichten 27 DDR-Bürger über ihre Flucht vom DDR-Kreuzfahrtschiff „Fritz Heckert“.
28. Januar 1962 – noch 20 Tage bis zur Flut: Während Helmut Schmidt am Vormittag in der ostholsteinischen Kleinstadt Eutin über die Gemeinden als Grundlage der Demokratie spricht, braut sich über der Nordsee ein Unwetter zusammen. Die Zeichen stehen auf Sturm und geben einen Vorgeschmack auf den 17. Februar.
29. Januar 1962 – noch 19 Tage bis zur Flut: Auf der Nordseeinsel Sylt wird nach einem Sturm Land unter gemeldet. Am selben Abend feiern Journalisten, Prominente und Politiker auf dem Hamburger Presseball …
Rund 200 Tweets sind zum 28. Februar geplant
Höhepunkt ist dann die Nacht vom 16. auf den 17. Februar, als die Deiche brechen und sich die Ereignisse überschlagen. Auch Tweets wird es dann im Abstand weniger Minuten geben.
Geplant sind für den gesamten Zeitraum rund 200 Tweets. Die MOPO wird das Projekt auf dem eigenen Twitter-Kanal, auf ihrer Online-Seite sowie in der Zeitung begleiten. Es wird außerdem eine gemeinsame Veranstaltung der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung und der MOPO geben: am Donnerstag, 17. Februar, 18 Uhr (je nach Corona-Lage entweder in Präsenz im Helmut-Schmidt-Gymnasium in Wilhelmsburg oder als Webinar über Zoom), Thema: „Wie beeinflusst uns diese historische Flut noch heute und wie wollen wir künftig das Erinnern gestalten?“
Franziska Zollweg leitet das Twitter-Projekt
Public History – so heißt ein noch junger Schwerpunkt der Geschichtswissenschaft. Es geht dabei um die Vermittlung historischer Themen in der Öffentlichkeit mit neuen Methoden – so wie bei diesem Twitter-Projekt zur Sturmflut. Die Idee dazu hatte Franziska Zollweg, die seit 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung ist. Als Projektleiterin hat sie in vielen Archiven geforscht, etwa beim Bundesarchiv in Koblenz, im Archiv der Bundeswehr, bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn sowie im Staatsarchiv in Hamburg und überall Originalquellen eingesehen, um die Geschichte der Sturmflut so authentisch und lebendig wie möglich nachzuerzählen. Franziska Zollweg (31) hat Geschichte und Germanistik an den Unis Magdeburg und Hamburg studiert und ist seit 2017 bei der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung beschäftigt. Sie ist Doktorandin und Lehrbeauftragte an der Uni Hamburg.