Hamburg: Tausende gegen „Querdenker“ – verbotener Protest eskaliert kurz darauf
Auf ihren Transparenten und Schildern stand „Verschwörungsideologien stoppen“ oder „Für eine solidarische Zukunft – impfen statt schimpfen“: Tausende Menschen demonstrierten ab Samstagmittag in der Hamburger Innenstadt unter dem Motto „Solidarität und Aufklärung statt Verschwörungsideologien“. Eine Demonstration von „Querdenker:innen“ und Impf- und Maßnahmengegner:innen war verboten worden. Diese versammelten sich jedoch dennoch zahlreich wie ursprünglich geplant. Die Polizei schritt ein.
Die Demo unter dem Motto „Solidarität und Aufklärung statt Verschwörungsideologien“ begann am Samstagmittag am Dammtor und zog Richtung Mönckebergstraße, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Neben Bekenntnissen zu Wissenschaft („Globulis stoppen keine Pandemie“) und Solidarität in der Pandemie („Eure Freiheit ist Egoismus“) war auf den Plakaten der Teilnehmer:innen auch Forderungen wie „Impfstoff und Gesundheitsversorgung für alle – weltweit“ zu lesen.
Demo in Hamburg: Polizei spricht von 2900 Teilnehmern
Die Polizei zählte 2900 Demonstrierende. Die Grundstimmung sei durchweg friedlich gewesen, erklärten die Beamten am frühen Nachmittag gegenüber der MOPO. Die Demonstration zog sich durch weite Teile der Innenstadt, die Demonstrierenden wurden vor dem Start aus Gründen des Infektionsschutzes in mehrere Blöcke aufgeteilt, was den Zug entsprechend verlängerte.
Am Jungfernstieg wurde der Protestzug zwischenzeitlich gestoppt, weil aus Sicht der Polizei in einem Demo-Block Abstände nicht hinreichend eingehalten wurden und einige Teilnehmer:innen sich vermummt hatten, auch durch den Einsatz von Schirmen. In dem Block war zuvor auch Pyrotechnik gezündet worden. Nach einer Diskussion zwischen den beteiligten Demonstrant:innen und den Einsatzkräften ging es weiter.
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Organisiert wurde der Protest vom Hamburger Bündnis gegen Rechts, das nach eigenen Angaben von mehr als 100 Organisationen und Gruppen unterstützt wurde, darunter die Bürgerschaftsfraktionen von Grünen und Linken, der GEW-Landesverband Hamburg und Fridays for Future.
Hamburg: Menschen kommen zu verbotener „Querdenkern“ dennoch, Lage eskaliert
Ursprünglich war die Demonstration als Gegenprotest zur geplanten Großdemo von Impf- und Maßnahmengegner:innen und „Querdenker:innen“ geplant. Die Demonstration war aber von der Polizei untersagt worden, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich alle Teilnehmer:innen an Masken- und Abstandspflicht halten würden. Das Hamburgische Verwaltungsgericht bestätigte dies Verbot. Am vergangenen Wochenende hatte eine entsprechende Demo mit mehr als 13.000 Teilnehmer:innen stattgefunden, an Masken- und Abstandsregeln hielten sich viele Teilnehmer:innen nicht.
Trotz Verbots zählte die Polizei am Samstag im Umfeld des Hauptbahnhofs etwa 5000 Menschen, die der eigentlich verbotenen Demo zugerechnet wurden – allerdings nicht geballt, sondern lose in Kleingruppen verteilt, sagte ein Sprecher gegenüber der MOPO. An der Kunsthalle, dem geplanten Startpunkt der Demonstration, versammelten sich einige Hundert Menschen – Masken trugen sie nicht. Die Polizei machte Lautsprecherdurchsagen, forderte die Menschen auf, sich zu entfernen. Die Durchsagen wurden mit Pfiffen und Sprechchören übertönt.
Weil die Demonstrant:innen nicht gingen, schritt die Polizei ein und räumte. Es kam zu Auseinandersetzungen und Handgreiflichkeiten zwischen Polizist:innen und Demonstrant:innen. Platzverweise wurden ausgesprochen, einige Teilnehmer:innen abgeführt.
Einige Teilnehmer:innen der „Solidarität und Aufklärung statt Verschwörungsideologien“-Demo versuchten, in Richtung Hauptbahnhof durchzudringen. Die Polizei trennte die Gruppen von einander.
Hamburg: Aufrufe zu kleineren Protesten nach Demo-Verbot
Nach der Absage der Großdemo, zu der bis zu 15.000 Teilnehmer:innen erwartet wurden, waren in einschlägigen Gruppen in den sozialen Netzwerken Aufrufe zu mehreren kleineren Protesten in Hamburg verbreitet worden. Dort hatten auch zahlreiche Menschen angekündigt, sich trotz des Verbots am Hauptbahnhof versammeln zu wollen.
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Einige der kleineren Proteste wurden angemeldet und genehmigt. Am frühen Nachmittag fand auf St. Pauli laut Polizeiangaben eine Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen mit etwa 200 Teilnehmer:innen statt. In Barmbek versammelten sich nach MOPO-Informationen am Nachmittag bis zu 1000 Menschen. Die Polizei war im ganzen Stadtgebiet im Großeinsatz, wurde dabei auch von Beamt:innen außerhalb Hamburgs unterstützt, unter anderem aus Berlin.