Angeklagter im Prozess wegen Totschlags am Landgericht Oldenburg
  • Der Angeklagte im Prozess wegen Totschlags am Landgericht Oldenburg.
  • Foto: picture alliance/dpa/Hauke-Christian Dittrich

Schwierige Wahrheitssuche vor Gericht: Warum starb ein dreimonatiges Baby?

War es Totschlag oder ein tragischer Unfall? War Alkohol im Spiel oder Unachtsamkeit? Niemand weiß, wie ein erst drei Monate altes Mädchen im März 2021 ums Leben kam. Ein Mann ist angeklagt. Die Mutter sagt aus, aber nicht ohne Widersprüche.

Die Verlesung der Anklage gegen den 24-Jährigen war kurz. Er soll einen Menschen getötet haben, ohne Mörder zu sein, so der Staatsanwalt am Dienstag vor dem Oldenburger Landgericht. Das Opfer: ein dreimonatiges Mädchen. Die Einzelheiten sind hart, die Umstände und das Tatumfeld verwirrend.

Oldenburg: Prozess gegen 24-Jährigen

Der damalige Freund der Mutter soll in deren Abwesenheit das Kind am Oberkörper gefasst, heftig geschüttelt und den Kopf „mit erheblichem Kraftaufwand“ gegen eine harte Oberfläche geschlagen haben. Das Kind erlitt Schädelknochenfrakturen, schwerste innerste Verletzungen und starb drei Tage später. Der Vorwurf lautet auf Totschlag.

Der Angeklagte, ein bulgarischer Staatsbürger, entschied sich zumindest am ersten Prozesstag zu schweigen. Dafür sagte überraschend zunächst eine 32-Jährige aus, die von der Verteidigung als erste Zeugin benannt wurde. Sie entlastete mit ihren Aussagen den 24-Jährigen und berichtete von einem erst vor wenigen Tagen erfolgten Telefonat mit der Mutter des Babys.


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Diese habe ihr im stark angetrunkenen Zustand gesagt, dass sie das Baby habe fallen lassen, der Angeklagte aber schuld am Tod des Kindes sei. Später habe sie nichts mehr von dem Telefonat wissen wollen. „Das ist eine Lüge. Das ist nicht wahr. Ich habe das Mädchen nie fallen gelassen“, sagte dagegen kurz darauf die in den Zeugenstand gerufene Mutter, als der Vorsitzende Richter sie mit der Aussage konfrontierte.

Sie bestritt auch das Telefonat und erzählte ihre Version. Am Tattag sei der Angeklagte, den sie als fürsorglich im Umgang mit dem Baby beschrieb, mit dem Kind spazieren gewesen, während sie geschlafen habe. Bei der Rückkehr habe er gesagt, dass das Kind schlecht Luft bekomme. Dann habe er den Rettungsdienst alarmiert. „Was ist passiert?“, habe sie ihn immer wieder gefragt. „Er hat mir nie geantwortet.“

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Die 39-Jährige, die noch zwei Kinder im Jugendlichenalter hat, der Angeklagte und die erste Zeugin waren Kollegen, arbeiteten als Ausstaller in der Geflügelzucht. Ein harter, schlecht bezahlter Job, bei dem die Hühner schnell eingesammelt und in Kisten gepackt werden. Die beiden Frauen erzählen von viel Alkoholkonsum. Der Angeklagte soll auch Drogen konsumiert haben.

Mutter des Kindes: „Es ging alles so schnell“

Die Mutter, die im blauen Trainingsanzug mit weißen Turnschuhen ins Gericht kam, kann sich an viele Einzelheiten nicht mehr erinnern. „Es ging alles so schnell.“ So weiß sie nicht mehr, wie sie am Tag des Todes ihrer Tochter ins Krankenhaus kam. Widersprüche gibt es auch zu früheren Aussagen bei der Polizei. Sie kann sich auch nicht mehr genau an den Vormittag des Tattages erinnern.

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Den Angeklagten beschreibt sie einerseits als jemanden, der sich kümmerte, das Baby fütterte, schaukelte, ins Bett brachte und mit ihm spazieren ging. „Ja, er hat sie gern gemocht.“ Andererseits sei er extrem eifersüchtig gewesen und habe sie, die 39-Jährige, von „Zeit zu Zeit“ geschlagen.

Der Angeklagte selbst, der in Handschellen in den Saal geführt wurde, saß während der Verhandlung mit Kopfhörern im Saal, um der Übersetzung zu folgen. Mehr Klarheit dürfte es wohl erst geben, wenn er seinen Entschluss ändert und seine Version erzählt. Der Prozess wird am 25. Januar fortgesetzt. (dpa/mp)

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