Überraschende Studie: Homeoffice? Auf Dauer ungesund!
Flensburg –
Welche Auswirkungen hat das Homeoffice auf die psychische Gesundheit der Beschäftigten? Laut einer neuen Studie an der Europa-Universität Flensburg werden Arbeitnehmer noch lange mit den psychischen Langzeitfolgen zu kämpfen haben.
In der nicht-repräsentativen Studie wurden während des ersten Lockdowns im Mai und Juni 762 Menschen in Tschechien, Italien, Deutschland und der Slowakei zu ihren Erfahrungen und Belastungen im Homeoffice befragt.
Viele Erfahrungen der Teilnehmer waren ähnlich, auch wenn die Länder unterschiedliche Corona-Regelungen hatten. 80 Prozent der Befragten gaben an, dass sie in der Pandemie mehr von zuhause arbeiten. Für 20 Prozent davon war dies eine komplett neue Erfahrung.
70 Prozent der Teilnehmer konnten schlechter abschalten
Insbesondere diejenigen, die auch schon vorher teilweise aus dem Homeoffice gearbeitet hatten, empfanden die Situation „als sehr angespannt“. Als Folge grübelten 70 Prozent mehr und konnten schlechter abschalten.
Beschäftigte, die noch nie im Homeoffice waren, klagten nicht so viel über Belastungen. Nur 45 Prozent dieser Gruppe beschwerten sich über eine zunehmende Anspannung.
Kontakt zu anderen macht weniger stressanfällig
Warum empfanden Teilnehmer, die noch nie im Homeoffice waren, die Zeit als weniger anstrengend? Arbeits- und Organisationspsychologin Tabea Schee begründet das im Interview mit der „shz“ damit, dass im Mai und Juni die Arbeit von zuhause für viele „noch ein Abenteuer war“. Der Fokus lag zu dem Zeitpunkt vermehrt auf den Vorteilen des neuen Arbeitsplatzes. Beispielsweise konnte man sich den Arbeitsweg sparen und mal eben einen Latte Macchiato auf dem Balkon trinken. Außerdem halfen sich die Kollegen untereinander mit technischen Problemen. Und: „Viel Kontakt zu anderen – das macht weniger anfällig für Stress im Homeoffice.“
Homeoffice als psychische Langzeitbelastung
Die Auswertung der Studie zeigt außerdem, dass es keinen Gewöhnungseffekt an das Arbeiten von zu Hause gibt. Vielmehr sei es „auf Dauer ungesund, weil es eine psychische Langzeitbelastung“ gibt, so Scheel zur „shz“.
In der Studie gaben 98 Prozent der Befragten an, dass sie von zuhause aus mehr und länger arbeiten würden und 87 Prozent der Teilnehmer empfanden die Arbeit als schwieriger. Scheel sagt dazu: „Je höher die Arbeitsintensivierung, desto höher die Belastung“. Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass ältere Teilnehmer mit dem Homeoffice besser zurecht kamen als Jüngere.
Welche Faktoren verringern eine Belastung der Arbeitnehmer?
Der Befragung zufolge gibt es unterschiedliche Faktoren, die die Belastung minimieren können. Menschen die sich kompetent fühlen und etwas bewirken wollen sind weniger stressanfällig, als Mitarbeiter mit geringerem Selbstbewusstsein.
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Zudem kommen Beschäftigte mit dem Homeoffice besser zurecht, wenn sie sich gerne auf Veränderungen einlassen. Wer seinen Job zusätzlich selbst gestalten kann und will, ist bei der Arbeit von zuhause zufriedener.
Unterstützung durch ein gutes Betriebsklima
Führungskräfte können ihre Mitarbeiter im Homeoffice unterstützen, indem sie für ein gutes Betriebsklima sorgen. Den Mitarbeitern müsse zugehört und ihre Arbeit wertgeschätzt werden. Scheel betont, der Chef solle auch mal sagen: „Ich sehe was du schaffst, auch wenn du das zuhause im Keller machst“. (mp)