• So soll das umstrittene „Paulihaus“ künftig aussehen. Nach Ansicht vieler Anwohner passt der Neubau aber nicht ins Viertel. 
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Umstrittenes Projekt: So kam es zum großen Zoff ums Paulihaus

St. Pauli –

„Don`t believe The Hai“, steht auf einem grünen Plakat, das Aktivisten am Dach des indischen Restaurants „Maharaja“ angebracht haben. Nicht dem Hai glauben. In diesem Fall einer Baugemeinschaft, die auf dem Gelände neben der Rindermarkthalle das Paulihaus errichten will. Ein Bauprojekt, das in den vergangenen Monaten zu einem der größten Streitfälle der Stadt geworden ist. Bürgerinitiativen wehren sich gegen die Pläne und werfen der Stadt vor, dass die Menschen im Viertel bei der Projektentwicklung nicht einbezogen wurden. Alles sei transparent gewesen, entgegnet die Baugemeinschaft. Die Fronten sind verhärtet. Der Kampf um das Paulihaus ist dabei mehr als ein Streit um ein weiteres Bauprojekt. Es geht für viele Anwohner um Lebensraum, Gentrifizierung und Gerechtigkeit.

Am Dienstag ist die Schlüsselübergabe. Dann muss „Maharaja“-Inhaberin Kathrin Guthmann ihr Restaurant endgültig abgeben. Dabei kämpfte sie seit Monaten an der Seite der Initiativen, zog vors Hanseatische Oberlandesgericht. Dieses entschied im September 2020, dass die Sonderkündigung rechtens sei. Eine große Enttäuschung für die Restaurant-Besitzerin.

„Die Klausel zum Sonderkündigungsrecht von Seiten der Stadt stand nicht im Kleingedruckten, sondern in einem anderthalbseitigen Nachtrag zum Mietvertrag, mit dem Frau Guthmann in den Mietvertrag eingetreten ist“, erklärt Jochen Möller vom städtischen Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG), dem Eigentümer des Grundstücks am Neuen Pferdemarkt.

Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) stimmt ihm zu. „Wir agieren auf gesicherter, rechtlicher Grundlage und wollen das Projekt als langfristige Perspektive Realität werden lassen.“

Paulihaus: Städteplanerischer Albtraum für Projektgegner

Ein städteplanerischer Albtraum für die Gegner des Projekts. Vor etwa eineinhalb Jahren wurde die Kritik lauter, es bildete sich die Initiative „St. Pauli Code Jetzt“. „Das Bauvorhaben ist aus unserer Sicht unpassend für den Kiez“, hieß es damals. Und im Gegensatz zur Baugemeinschaft sagt Initiativen-Sprecher Steffen Jörg noch heute: „Das Projekt wurde ohne Beteiligung des Stadtteils durchgezogen.“

Stimmt nicht, heißt es von der Gegenseite. 2015 sei über den geplanten sechsgeschossigen Bürokomplex neben der Rindermarkthalle zum ersten Mal öffentlich informiert worden. „Wir waren damals überrascht, dass es am Anfang so gut wie keine Reaktionen gab“, erinnert sich Hans Rösner von der Baugemeinschaft. Nicht viel anders sei es mit den Info-Ständen 2017 in der Rindermarkthalle gewesen. Rösner: „Die Modelle des Architekturwettbewerbs 2018 waren öffentlich für alle einsehbar.“

Beide Seiten behaupten, der jeweilig anderen Gesprächsangebote gemacht zu haben. Diese seien stets abgelehnt worden.

Neben dem „Maharaja“, deren Inhaberin laut Baugemeinschaft ein Angebot für die Eröffnung eines neuen Restaurants gemacht wurde, geht es auch für zwei weitere bisherige Mieter um die Existenz. Thorsten Harms von der Autowerkstatt „Max“ entschied sich für einen Umzug in den Neubau. „Ich habe eine Entschädigung bekommen, mit der ich ohne Werkstatt bis Ende 2021 über die Runden kommen kann“, erzählt er. Durch die Gerichtsprozesse verzögert sich der Abriss allerdings. „Wenn das so weiter geht, bin ich pleite, bevor das Gebäude fertig ist“, sagt er frustriert. „Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll.“

Paulihaus: Gegner sammeln 10.000 Stimmen

Mit dem Bauvorhaben in dieser Form gar nicht, wenn es nach den Protestlern geht. „Wir haben 10.000 Unterschriften im Stadtteil gegen das Projekt gesammelt“, so Steffen Jörg. „Wir finden es fragwürdig, warum es bei einem derartigen Büro-Leerstand überhaupt einen Büro-Komplex braucht.“

Der Frust wächst und die Fronten scheinen derart verhärtet zu sein, dass an eine Lösung, die alle Seiten zufrieden stellt, kaum möglich erscheint. Auch wenn zuletzt zumindest die Fällung von 27 Bäumen, die ebenfalls dem Projekt weichen sollen, durch die Aktivisten vorerst verhindert werden konnte.

Am Montag wollen sie erneut protestieren und sich für Kathrin Guthmann einsetzen. An dem Paulihaus-Vorhaben wird das vermutlich wenig ändern. Die rechtliche Grundlage haben die Bauherren auf ihrer Seite – mindestens 10.000 Anwohner allerdings gegen sich.

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