Wunderkind gedopt? Russland will Olympia-Gold trotzdem behalten
Sie ist erst 15 und steht trotzdem unter Doping-Verdacht: die russische Eiskunstläuferin Kamila Valieva. Sie ist wohl auch der Grund, warum das russische Team bislang trotz Gewinn des Team-Wettbewerbs bislang noch keine Goldmedaille verliehen bekommen hat. Der Dachverband reagiert nun ungehalten – in seinen Augen gibt es keinen Grund, das Edelmetall nicht ausgehändigt zu bekommen.
Das Russische Olympische Komitee (ROC) hält das Vorgehen der Sportbehörden im Dopingfall der Team-Olympiasiegerin Kamila Valieva für nicht rechtens und will um das gewonnene Gold kämpfen. „Die Dopingkontrolle eines positiv getesteten Athleten gilt nicht für den Zeitraum der Olympischen Spiele“, hieß es in einer am Freitag in Peking verbreiteten Erklärung von ROC.
ROC über Kamila Valieva: „Alle Ergebnisse sind negativ gewesen“
Nach Angaben der Internationale Testing-Agentur (Ita) war Valieva am 25. Dezember 2021 bei den russischen Eiskunstlauf-Meisterschaften positiv auf das Herzmittel Trimetazidin getestet worden. Der Befund lag der Rusada aber angeblich erst am 8. Februar vor, als der olympische Teamwettbewerb schon beendet war. Daraufhin war Valieva zunächst vorläufig suspendiert worden.
Nach dem positiven Test Ende 2021 habe die 15-Jährige bei den nationalen Titelkämpfen in St. Petersburg aber wiederholt Dopingkontrollen bestanden, zum Beispiel bei der EM im Januar. Auch ein Test während der Olympischen Spiele sei negativ ausgefallen. Er sei am Rande des Teamwettbewerbs durchgeführt worden. „Alle Ergebnisse sind negativ gewesen“, bekräftigte das ROC. Die Russen hatten Olympia-Gold vor den USA und Japan gewonnen.
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Weiter behauptet das ROC, erst einen Tag nach den Olympia-Auftritten der 15-jährigen Ausnahmeläuferin im Kurzprogramm und in der Kür von ihrer vorläufigen Suspendierung durch die Anti-Doping-Agentur des Landes (Rusada) informiert worden. Valievas Sperre war allerdings in einer Berufungsverhandlung am 9. Februar – einen Tag nach Gewinn der Goldmedaille in Peking – vor dem Disziplinarausschuss der Rusada aufgehoben worden.
Russisches Olympia-Komitee spricht von „ehrlich gewonnener olympischen Goldmedaille“
Nun soll der Internationale Sportgerichtshof entscheiden, ob dieser Schritt rechtmäßig war. Das IOC will die Aufhebung der Sperre nicht akzeptieren und ließ die Ita in der Sache Berufung einlegen. „Wir wollen das so sehr beschleunigen wie möglich“, sagte IOC-Sprecher Mark Adams am Freitag. Nun ist der Internationale Sportgerichtshof Cas am Zug.
Das ROC hält dieses Vorgehen nicht für rechtens und will um „die ehrlich gewonnene olympische Goldmedaille“ kämpfen. Zudem habe Valieva „derzeit das Recht, uneingeschränkt zu trainieren und an Wettkämpfen teilzunehmen, bis der Internationale Sportgerichtshof anders über ihren Status in Bezug auf die Olympischen Spiele entscheidet“, erklärte das ROC. Das Damen-Einzel beginnt am 15. Februar.
Russlands Sportler stehen auch in Peking besonders unter Beobachtung
Begonnen hatte der Wirbel, als die Olympia-Macher die eigentlich für Dienstag geplante Medaillen-Zeremonie für den Team-Wettbewerb ohne Angabe weiterer Gründe absagten. „Diese Fälle sind für die Spiele nicht hilfreich“, räumte IOC-Sprecher Adams ein. Er warnte aber vor „wilden Spekulationen“ in der Sache, zumal Valieva minderjährig sei. „Juristische Fälle können sehr schwierig sein, aber es ist sehr wichtig, dass die Leute volle Gerechtigkeit bekommen“, betonte Adams.
Russlands Sportler stehen auch in Peking besonders unter Beobachtung. Das Land ist wegen des Skandals um staatlich organisiertes Doping und der Vertuschung von Sportbetrug wie schon bei den Sommerspielen in Tokio gesperrt. Die russischen Athletinnen und Athleten dürfen nur als Vertretung des ROC antreten. Bei Siegerehrungen darf die russische Hymne nicht gespielt und die Flagge nicht gehisst werden.
„Wir haben harte, aber angemessene Strafen verhängt“, sagte Adams zur Frage, ob das IOC härter gegen Russland hätte vorgehen müssen. Es dürfe keine Kollektivstrafen geben. Im Fall Valieva arbeite das IOC „so schnell, wie es unter den Umständen geht“, sagte Adams.
Kamila Valieva gilt als Eiskunstlauf-Wunderkind
Das Supertalent Valieva ist eines der prominentesten Gesichter unter den russischen Athleten bei den Winterspielen. Erst in dieser Saison gab sie ihr Debüt bei den Erwachsenen, im Januar holte sie den EM-Titel. Im olympischen Teamwettbewerb hatte sie die Damen-Kür mit klarem Vorsprung gewonnen. Am Freitag trainierte sie erneut auf der Eisfläche des Capital Indoor Stadiums in Peking, um sich auf das olympische Damen-Einzel vorzubereiten.
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Durch die Medienberichte über den Fall sah sich die Ita zu einer detaillierten Mitteilung gezwungen, obwohl Valieva als Minderjährige unter dem Welt-Anti-Doping-Code als „geschützte Person“ zu gelten habe. Da sie ihre positive Dopingprobe vor den Winterspielen abgegeben hatte, sei die Angelegenheit zunächst nicht in die Zuständigkeit der Ita und des IOC gefallen, hieß es.
Weiter offen ist, ob die Medaillenvergabe für den Team-Wettbewerb noch vor Ende dieser Winterspiele am 20. Februar geklärt werden kann. Hinter Russland hatte die USA Silber gewonnen, Bronze ging an Japan. Die für Dienstag angesetzte Medaillen-Zeremonie war wegen des Falls Valieva kurzfristig verschoben worden. (mik/dpa)