Russland: Welche Sanktionen denkbar sind – und was sie uns kosten
An Entschlossenheit in Sachen Sanktionen lassen es Politiker nicht fehlen: Deutschland sei im Fall einer russischen Invasion in der Ukraine „bereit, einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen“, kündigte beispielsweise Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) an. Ebenso deutlich wird die russische Seite: „Mit Verlaub, wir scheißen auf eure Sanktionen“, poltert der russische Botschafter in Schweden. Aber welche Sanktionsmöglichkeiten gäbe es überhaupt? Und welche Folgen hätten sie?
Seit der Besetzung der Krim 2014 gelten bereits Handelsbeschränkungen gegen Russland. So existiert ein Exportverbot für bestimmte Technologien. Es gibt Einschränkungen für russische Banken in der EU und 200 Russen stehen auf der Sanktionsliste der EU – was Einreisesperren und Kontoeinfrierungen bedeutet.
Sanktionen: Bisher hat sich Russland nicht beeindrucken lassen
Nach Expertenschätzungen entgehen der EU durch diese Sanktionen pro Jahr etwa 15 Milliarden Euro. Zu einer großen Verhaltensänderung des russischen Präsidenten haben die Sanktionen nicht geführt – eher im Gegenteil, wie aktuell zu beobachten ist.
Studien zeigen, dass Sanktionen vor allem dann wirksam sind, solange sie sich noch im Stadium der Androhung befinden. Dann besteht für alle Parteien die Möglichkeit, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Sind die Sanktionen einmal umgesetzt, ist diese Möglichkeit verpufft.
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So gesehen ergibt es Sinn, Russland nun deutlich mit Sanktionen zu drohen. Es verändert die Kosten-Nutzen-Rechnung des Kreml. Ob Sanktionen dann tatsächlich auch umgesetzt werden, steht auf einem anderen Blatt. Denn innerhalb der EU bedarf es meistens der Einstimmigkeit – und Sanktionen treffen auch diejenigen, die sie verhängen. Das zeigt sich besonders deutlich beim Gas.
Verbraucher müssten mit noch höheren Preisen rechnen
Der Verkauf von Rohstoffen ist die Haupteinnahmequelle des Kreml. Deshalb droht der Westen mit dem Ende der Nordseepipeline Nord Stream 2. Auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) scheint dazu bereit zu sein, auch wenn er es nicht öffentlich betont. Denn die Abhängigkeit Deutschlands ist nicht gerade klein.
Sollte Russland als Gegensanktion weniger oder kein Gas mehr liefern (über bereits vorhandene Pipelines), würde das zwei Gruppen besonders treffen: Verbraucher müssten mit noch höheren Preisen rechnen. Und die Wirtschaft hätte auch ein Problem. Denn Gas ist beispielsweise für die chemische Industrie ein wichtiger Rohstoff. Die USA wollen in diesem Fall ihrerseits Gas liefern. Allerdings fehlt dafür bisher weitgehend die Infrastruktur und US-Schiefergas gilt als ökologisch besonders „dreckig“.
FDP schlägt Beschlagnahmungen von Immobilien vor
Eine weitere Sanktionsmöglichkeit wäre die Beschlagnahmung russischen Eigentums in Deutschland. Diese Idee hat Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff (FDP) ins Spiel gebracht. Russische Oligarchen hätten „in Berlin riesigen Immobilienbesitz“, erklärte er. Lambsdorff schlug vor: „Wenn wir nicht sicher sind, wo das Geld herkommt, mit dem Immobilie X finanziert worden ist, dann werden wir Immobilie X requirieren.“ Allerdings: Die meisten russischen Oligarchen haben Geld und Immobilien in London. Und natürlich stünde ihnen bei einer Beschlagnahmung der Klageweg offen.
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Bliebe noch die Möglichkeit, europäische Fast-Monopole zu nutzen – ähnlich wie es Russland beim Gas tun könnte. So wäre es eine Option, Russland aus Swift auszuschließen – einem System, über das internationale Zahlungen abgewickelt werden können. Aber auch das hätte seinen Preis: CDU-Chef Friedrich Merz nannte einen möglichen Ausschluss eine „Atombombe für die Kapitalmärkte“. Damit würde sich die deutsche Wirtschaft erheblich selbst schaden.