„Ein gebrauchter Tag“: Hannover sprengt St. Paulis Millerntor-Festung
Der vermeintlichen Erleichterung vom 3:2 in Regensburg folgte eine Erdung, wie sie brutaler kaum hätte ausfallen können. Hannover 96 beendete vor 8470 Zuschauer:innen die elf Saisonpartien währende Heimserie des FC St. Pauli, der sich beim 0:3 (0:1) einen Millerntotalaufall leistete und auch beim neunten Versuch seit 1994, eine Partie im eigenen Wohnzimmer gegen die Niedersachsen zu gewinnen, scheiterte.
„Ein gebrauchter Tag für uns“, stöhnte Trainer Timo Schultz. Folge: Der Kiezklub rutschte aus den Aufstiegsrängen, ist nur noch Vierter und angesichts der anhaltenden Gegentorflut schwer gefährdet, in nächster Zukunft alle Aufstiegshoffnungen begraben zu müssen.
FC St. Pauli ließ gegen Hannover zu viele Chancen ungenutzt
Die Hausherren begannen trotz etlicher verletzungsbedingter Umstellungen elanvoll und hatten schon nach zwei Minuten die erste dicke Chance, als Daniel-Kofi Kyereh für Marcel Hartel durchsteckte, der frei vor Zieler quer legen wollte, aber am 96-Keeper hängen blieb. Eben jener entschärfte auch Kyerehs 18-Meter-Knaller (6.), bei Hartels Abschluss aus zehn Metern, der übers Tor flog (19.), musste er nicht eingreifen.
Es sah also gar nicht schlecht aus in der ersten halben Stunde, bei Kyerehs Hereingabe nach tollem Lupfer von Finn Ole Becker fehlten ebenfalls nur Zentimeter (25.). „In der ersten Halbzeit war ich eigentlich grundlegend zufrieden mit meiner Mannschaft“, befand Schultz. Aber dann entglitt St. Pauli die Nummer zusehends. Einfache Ballverluste, zu viele Ungenauigkeiten und fehlende Ordnung in der Rückwärtsbewegung führten dazu, dass 96 immer stärker aufkam. Teuchert hatte nach dem ersten Stellungsfehler von Medic die erste Möglichkeit der Gäste, scheiterte aber Nikola Vasilj (29.).
FC St. Pauli: Kaiser trifft zur Führung für Hannover
Mit jeder weiteren Minute wurde Hannover zwingender, die Kiezkicker wackelten immer mehr. Kerk brachte das Kunststück fertig, zwei Meter vorm leeren Tor den Kopfball nicht in den Maschen unterzubringen (38.), doch dann passierte es: Nach einem abgewehrten Eckball ließ Teuchert Eric Smith aussteigen, brachte die Kugel von der Grundlinie an den ersten Pfosten, wo Kaiser zwar umringt, aber unbedrängt von fünf Mannen in Braun-Weiß einschieben konnte.
Das 0:1 nach 40 Minuten. Und dass es zur Pause dabei blieb, war nur Vasilj zu verdanken. Nach Medic‘ zweiten Aussetzer rannte Teuchert blank auf St. Paulis Schlussmann zu, der mit einem klasse Reflex den zweiten Gegentreffer verhindert (44.).
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Vasilj stand auch bei der ersten Aktion nach der Pause im Mittelpunkt, als er Kerks Knaller über den Querbalken lenkte (48.). Kurz darauf ballerte Börner den Ball freistehend weit drüber (50.), auf der Gegenseite scheiterte Guido Burgstaller per Kopf an Zieler (52.). St. Pauli bäumte sich auf, aber nur kurz. Dann verdaddelte Burgstaller am gegnerischen Strafraum den Ball, Medic unterlief der nächste Stellungsfehler, Beier tauchte frei vor Vasilj auf, der den Schuss zwar parierte, aber nur abklatschen lassen konnte, und Kerk lupfte die Murmel zum 0:2 in die Maschen (57.).
St. Pauli-Trainer Timo Schultz übt deutliche Kritik
Das war bereits die Vorentscheidung, Stolze machte es nach dem nächsten Patzer von Medic allerdings noch deutlicher (72.). „Worüber wir natürlich reden müssen, ist das Risikomanagement in der zweiten Halbzeit”, kritisierte Schultz die nicht vorhandene Grundordnung der Seinen. „Das ist ein Mannschaftsproblem, nicht das der Innenverteidiger. Das müssen wir als Verbund besser lösen.“ Man müsse als Truppe stabiler werden, „das müssen wir schleunigst verbessern“.
Und es passte zu diesem rabenschwarzen Tag, dass St. Pauli selbst einen Strafstoß (Börner an Kyereh) gleich doppelt nicht zu nutzen wusste. Im ersten Versuch scheitere Burgstaller an Zieler, der sich aber zu früh bewegt hatte (79.), den Wiederholungsversuch setzte Kyereh an die Unterkante der Latte (81.).