Hartes Training? So werden Sie Muskelkater schnell wieder los
Wer kennt das nicht: Eine neue Übung im Fitnessstudio gemacht oder überhaupt wieder mit dem Sport angefangen (Stichwort: gute Vorsätze) und am nächsten Tag kommt die Quittung: Muskelkater. Was ist Muskelkater überhaupt und wie wird man ihn schnell wieder los? Wir haben nachgefragt bei Stefan Kliche. Er ist Sport-Physiotherapeut, Athletik-Trainer, staatlich geprüfter Masseur und Praxis-Inhaber von Physio-League in Hamburg-Bahrenfeld. Außerdem hat Stefan Kliche auch schon die Profi-Fußballer vom HSV oder St. Pauli wieder fit gemacht.
MOPO: Sie haben eine interessante berufliche Geschichte. Wie ist es denn so, ganz nah mit den Profi-Fußballern zu arbeiten?
Stefan Kliche: Eigentlich wollte ich selbst Fußball-Profi werden und habe so auch den Beruf des Physiotherapeuten kennengelernt. Mit der Profikarriere hat es nicht geklappt. Nach der Ausbildung zum Physiotherapeuten habe ich schnell die Möglichkeit bekommen, beim HSV zu arbeiten. Zunächst bei der Jugend und der zweiten Mannschaft und dann bin ich in den Profikader aufgerückt. Eine sehr aufregende, aber auch lehrreiche Zeit.
Und wie kommt man vom HSV nach China?
In diesem Job hat man viel mit Spielerberatern zu tun. Die wollen immer den Gesundheitszustand ihres Spielers wissen – gerade, wenn der länger verletzt ist. Und so ist der Kontakt zu jemandem entstanden, der für einen chinesischen Erstligisten einen Physiotherapeuten gesucht hat.
Haben Profis auch Muskelkater?
Ja, Muskelkater ist auch im Profisport immer ein Thema. Beim HSV gab es ja bekanntlich viele Trainerwechsel. Die beinhalten auch immer, dass sich die Trainingspläne ändern. Und diese Umstellung bedeutet für einen Profi genauso wie für einen Freizeitsportler eine enorme muskuläre Beanspruchung. Muskelkater ist ja eine Reaktion auf eine ungewohnte hohe körperliche Belastung. Das trifft die Profis natürlich genauso wie die Freizeitsportler.
Was ist Muskelkater eigentlich?
Früher wurde angenommen, dass eine Anhäufung von Laktat (Milchsäure) zu Muskelkater führt. Das ist aber mittlerweile überholt. Im Elektronenmikroskop sieht man nämlich kleinste Verletzungen der Muskelfasern. Der Schmerz tritt üblicherweise erst ein oder zwei Tage nach dem Training auf. Das hat den Grund, dass die Schmerzrezeptoren außerhalb der Muskelzellen an den Faszien liegen. Der Körper füllt diese kleinen Muskel-Verletzungen mit Flüssigkeit. Erst dadurch werden die Schmerzrezeptoren erreicht.
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Kann ich einen Muskelkater vermeiden?
Man sollte sich auf sein Sport-Training vorbereiten. D.h. mit einem Aufwärmprogramm starten. Wichtig ist auch, dass das gesamte Training ausgewogen ist – ein Mix aus Ausdauer und Muskelaufbau. Wer intensiv nur eine Muskelgruppe trainiert, bekommt mit Sicherheit Muskelkater. Wer mit dem Training beginnt, sollte sich nicht überschätzen und zunächst moderat beginnen und sich langsam steigern.
Freizeitsportler sind häufig der Meinung: Wenn ein Muskel nach dem Training nicht schmerzt, dann wächst er auch nicht.
Das stimmt absolut nicht. Für den Muskelaufbau ist es nicht notwendig, einen Muskelkater zu produzieren. Aus meiner Sicht birgt diese ständige hohe Muskelbelastung eher die Gefahr für Verletzungen: Probleme mit den Sehnen, auch Sehnenrisse oder Muskelrisse. Da ist Vorsicht geboten. Es sollte eher das Ziel sein, einen Muskelkater zu vermeiden. Gerade jetzt in den ersten Monaten des neuen Jahres sind wir ja alle noch sehr motiviert. Aber es ist besser, langsam anzufangen und nicht die ganze Energie in die ersten zwei Trainingswochen zu stecken. Ein guter Start könnten zwei Einheiten pro Woche sein, bestehend aus einer Kombination von Ausdauer- und Krafttraining. Zum Aufwärmen vor dem Training finde ich Übungen für die Mobilität ausgezeichnet.
Wenn es einen doch erwischt hat und die Muskeln schmerzen. Haben Sie Tipps?
Gegen den klassischen Muskelkater gibt es keine evidenzbasierte Therapie oder Tabletten. Das heißt, es ist – Stand jetzt – nichts erforscht, was den Muskelkater heilt. Aber: Nach etwa einer Woche bis zehn Tagen ist ein Muskelkater von selbst wieder vollständig ausgeheilt. Was man aber tun kann, sind warme Bäder oder in die Sauna gehen und leichte moderate Bewegung. Das fördert die Durchblutung und den Stoffwechsel und kann sich somit positiv auf die Verletzung auswirken.
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Viele Freizeitsportler mixen sich nach dem Training einen Protein-Shake. Hilft das gegen Muskelkater?
Die Muskeln brauchen Protein. Aber dem Freizeitsportler rate ich, in seiner normalen, ausgewogenen Ernährung darauf zu achten, dass auch genügend Proteine enthalten sind. Spinat, Brokkoli, Kohl, Spargel sind z. B. gute Eiweißlieferanten. Wer das Bewusstsein für eine ausgewogene Ernährung stärkt, kann auf teure Eiweiß-Shakes verzichten. Und übrigens: Zu viel Eiweiß ist auch nicht gut für den Körper.
Sollte man mit Muskelkater trotzdem leicht weitertrainieren?
Wer wirklich starken Muskelkater bekommen hat, der hat sicherlich keine Lust auf Sport. Hier wäre es vielleicht sogar ratsam, einen Arzt aufzusuchen, der Schmerzmittel verschreibt. Wer aber nur leichten Muskelkater z.B. in den Beinen hat, der kann an den nächsten Tagen ruhig z.B. aufs Ergometer gehen und ein bisschen strampeln. Das regt auch die Durchblutung an und hat somit positiven Einfluss auf den Muskelkater.
Wie sieht es mit Dehn-Übungen aus?
Direkt nach dem Sport als Regeneration sind Dehn-Übungen gut. Aber wenn man schon Muskelkater hat, rate ich davon ab. Dasselbe gilt auch für die Faszienrolle. Man darf nicht vergessen, dass ein Muskelkater eine Verletzung ist, die man nicht zusätzlich noch reizen sollte. Das würde die Heilung auch verzögern.
Dieses Interview ist ein Auszug aus der neuen Folge des MOPO-Gesundheitspodcasts „Butter bei die Nierchen“. Den Podcast bekommen Sie überall dort, wo es gute Podcasts gibt wie z.B. bei Apple Music oder Spotify. Im Podcast verrät Stefan Kliche auch noch, wie aus seiner Sicht ein Einsteiger-Training aussehen könnte. Klicken Sie doch gleich hier auf den Player.