Krieg in Ukraine: Deutschland verhindert härtere Sanktionen gegen Russland
Europa ist bereit, bei Sanktionen gegen Russland selbst einen extrem hohen wirtschaftlichen Preis in Kauf zu nehmen. So hieß es vor Kriegsbeginn. Doch die „schärfsten Sanktionen, die die EU je verhängt hat“, sind nicht so scharf, wie sie sein könnten.
Das liegt unter anderem auch an der Bundesregierung. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte auf dem EU-Sondergipfel verhindert, dass Russland aus dem internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen wird. Damit werden beispielsweise auch Öl- und Gasgeschäfte abgewickelt. Scholz erklärte das mit strategischen Erwägungen. Sanktion wie diese müsse man sich „aufbehalten für eine Situation, wo das notwendig ist, auch noch andere Dinge zu tun“. Was das für eine Situation sein könnte, sagte Scholz allerdings nicht.
Tusk: „Regierungen haben Schande über sich gebracht“
Der ehemalige EU-Ratspräsident Donald Tusk aus Polen übte daran heftige Kritik: „Diejenigen EU-Regierungen, die harte Entscheidungen blockiert haben, haben Schande über sich selbst gebracht“, schrieb er auf Twitter. Als Beispiele nannte er Deutschland, Ungarn und Italien. Und weiter: „In diesem Krieg ist alles real: Putins Wahnsinn und Grausamkeit, ukrainische Opfer, die auf Kiew fallenden Bomben. Die Sanktionen sind aber nur vorgetäuscht.“
Das ist eine polemische Übertreibung. Die EU hatte unter anderem dem Finanz- und Energiesektor den Zugang zu europäischen Banken erschwert bzw. unmöglich gemacht. Die russische Luftverkehrsbranche ist künftig weitgehend von der Versorgung mit Ersatzteilen und anderer Technik abgeschnitten.
Sanktionen gegen Putin und Lawrow persönlich
Am Freitag verkündete die EU zudem, auch Putin und seinen Außenminister Sergej Lawrow auf die Sanktionsliste zu nehmen. Mögliches Vermögen der beiden Männer in der EU darf nun eingefroren werden. Beide Politiker dürfen nicht mehr in die EU einreisen.
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Ob das Putin wirklich treffen wird? Die Kreml-nahen Oligarchen beispielsweise hatten viel Zeit, ihre Vermögen in der EU in Sicherheit zu bringen. So verließ beispielsweise auch eine Putin zugerechnete Yacht einige Tage vor Kriegsbeginn den Hamburger Hafen Richtung Kaliningrad.
Die Schweiz will keine Konten einfrieren
Als „Ausweichhafen“ für alle Russen mit Kreml-Verbindungen bietet sich unterdessen die Schweiz an. Die Regierung in Bern beschloss, keine Konten von russischen Staatsbürgern einzufrieren – auch wenn dies in der EU so ist. Bundespräsident und Außenminister Ignazio Cassis verwies zur Erklärung auf die Neutralität der Schweiz. Sein Land werde aber Maßnahmen verschärfen, damit die Schweiz nicht als „Umgehungsplattform“ für die von der EU erlassenen Sanktionen benutzt werden kann.
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Nach Expertenschätzungen werden etwa 80 Prozent der Öl- und Gasgeschäfte Russlands über die Schweiz abgewickelt.