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„Reale Gefahr“: Russland mit neuen Begründungen für den Krieg in der Ukraine

Die Ukraine sei ein Volk unter Führung von Nazis, es gebe dort einen Genozid, außerdem sei die Sicherheit Russlands bedroht – unter anderem mit diesen Argumenten rechtfertigte Russlands Präsident Wladimir Putin vergangene Woche seinen Einmarsch ins Nachbarland. Bei fast allen „Begründungen“ ist mittlerweile klar: Es handelt sich dabei um Lügen. Nun gibt es neue Äußerungen russischer Offizieller.

Was will Putin in der Ukraine? Für Beobachter ist die Sache klar: Es geht dem russischen Präsidenten in erster Linie um die Einnahme und Unterwerfung des Landes, das er als historisch zu Russland gehörendes Gebiet betrachtet. Nach außen hin hat der Kreml eine Vielzahl an „Argumenten“ genannt, mit denen der Einmarsch gerechtfertigt werden soll – und es kommen nun weitere hinzu.

Lawrow behauptet: Kiew will eigene Atomwaffen

Am Dienstag warf Russlands Außenminister Sergej Lawrow der Ukraine eine Bedrohung der internationalen Sicherheit vor. Die Regierung in Kiew wolle eigene Atomwaffen, sagte Lawrow per Videolink vor der Ständigen Abrüstungskonferenz in Genf. Auf dem ukrainischen Territorium befänden sich noch sowjetische Nukleartechnologie und die Mittel, so bestückte Waffen abzuschießen, erklärte Lawrow der englischen UN-Übersetzung zufolge. „Wir müssen auf diese reale Gefahr reagieren.“

Tatsächlich aber unterzeichnete die Ukraine im Dezember 1994 den sogenannten Atomwaffensperrvertrag, in dem sie sich zur Abgabe sämtlicher Nuklearwaffen und Waffenteile an Russland verpflichtete.

Lawrow verlangte weiter, dass US-Atomwaffen vom Gebiet der NATO-Partner abgezogen werden. Er betonte auch: „Wir glauben weiter, dass ein Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und niemals geführt werden darf.“

Atomenergiebehörde: Es gibt keinerlei Belege für Russlands Behauptungen

Von der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA hieß es in der vergangenen Woche, sie sehe keinerlei Belege für die Behauptungen über ein mögliches Atomwaffenprogramm in der Ukraine. „Unsere Agentur hat keine Hinweise dafür gefunden, dass in der Ukraine deklariertes Nuklearmaterial aus der friedlichen Nutzung von Nuklearenergie abgezweigt wird“, teilte ein IAEA-Sprecher dem „Tagesspiegel“ mit.

Sergej Lawrow, Außenminister von Russland, spricht bei einer Pressekonferenz (Symbolbild). picture alliance/dpa/Pool Reuters/AP | Maxim Shemetov
Sergej Lawrow, Außenminister von Russland, spricht bei einer Pressekonferenz (Symbolbild).
Sergej Lawrow, Außenminister von Russland, spricht bei einer Pressekonferenz (Symbolbild).

Die Behörde mit Sitz in Wien überwacht unter dem Dach der Vereinten Nationen die zivile Nutzung der Atomkraft und die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrags.

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Lawrow sagte weiter, es müsse eine neue Spirale des Wettrüstens verhindert werden. Es dürfe keine gefährlichen Schritte im Rahmen militärischer Aufrüstung geben. Die Nato-Mitglieder ignorierten dies. Die Nato ziehe die Ukraine in den Dunstkreis der Allianz, in dem sie ihr Waffen liefere, sagte Lawrow. Er lamentierte, dass die Nato Russland keine langfristigen Sicherheitsgarantien gebe und keine weitere Ausweitung Richtung Osten ausschließe. Die Nato müsse ihre militärischen Kapazitäten auf das Gebiet zurückziehen, wo sie bei der Unterzeichnung der Nato-Russland-Grundakte 1997 waren, verlangte Lawrow.

Lawrow wollte ursprünglich persönlich nach Genf kommen. Das sei durch die Sperrung des Luftraums in der EU für russische Maschinen verhindert worden, teilte die russische Botschaft in Genf am Montag mit.

Russland will Angriff auf Ukraine fortsetzen „bis die gesetzten Ziele erreicht sind“

Indes hat Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Dienstag betätigt, den Angriff auf das Nachbarland unbeirrt fortsetzen zu wollen. „Die Gruppierung der Streitkräfte der Russischen Föderation führt weiterhin eine Spezial-Militäroperation durch, bis die gesetzten Ziele erreicht sind“, so Schoigu laut der Agentur Interfax. Das Wichtigste sei, Russland „vor der militärischen Bedrohung durch westliche Länder zu schützen, die versuchen, das ukrainische Volk im Kampf gegen unser Land einzusetzen“, sagte Schoigu.


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Gleichzeitig warf er der Ukraine vor, mehrere Raketensysteme, Kanonen und Mörser „in den Höfen von Wohngebäuden, in der Nähe von Schulen und Kindergärten“ aufgestellt zu haben. „Während militärischer Zusammenstöße zögert die ukrainische Seite nicht, Zivilisten als menschliches Schutzschild zu missbrauchen“, behauptete der Vertraute von Präsident Putin.

Die Ukraine wiederum wirft Russland vor, auch Wohngebiete mit Raketen zu beschießen. Von den Angriffen gibt es zahlreiche Videos im Netz. Die Angaben beider Seiten sind nicht unabhängig zu überprüfen. (mik/dpa)

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