Wegen Ukraine-Krieg: Wird das AKW Brokdorf jetzt wieder hochgefahren?
Erst in der Silvesternacht ging das Atomkraftwerk Brokdorf als letzter Meiler in Schleswig-Holstein vom Netz – und schon steht zur Debatte, es vielleicht wieder hochzufahren. Denn angesichts der brisanten Lage im Ukraine-Krieg stellen FDP-Politiker im Norden den eigentlich schon lange beschlossenen Ausstieg aus der Atomkraft auf den Prüfstand.
Der Ukraine-Krieg und die scharfen Sanktionen gegen Russland bringen die Energieversorgung in Deutschland ins Wanken, schließlich ist Russland der wichtigste Lieferant von Erdgas, Erdöl und Steinkohle. Die FDP in Niedersachen und Schleswig-Holstein will daher lieber prüfen, ob eine zeitweise Rückkehr zur Atomkraft sinnvoll wäre – um im Notfall die Energiezufuhr sicherzustellen.
Atomkraft im Norden: Könnte Brokdorf überhaupt neu starten?
„Es darf keine Tabus geben, alle Optionen gehören auf den Tisch“, sagte Niedersachsens FDP-Fraktionschef Stefan Birkner. „Dazu gehört neben der Prüfung der Laufzeitverlängerung der noch betriebenen Kernkraftwerke auch die des Wiederanfahrens stillgelegter Anlagen.“ Der schleswig-holsteinische FDP-Landtagsabgeordnete Oliver Kumbartzky brachte am Dienstag sogar die Reaktivierung des Kernkraftwerks Brokdorf ins Spiel, das als letzter Meiler im Bundesland erst am 31. Dezember 2021 vom Netz ging.
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Doch wäre das überhaupt so einfach umsetzbar? Noch sei aus der Politik keine entsprechende Anfrage eingegangen, erklärt eine Sprecherin des Betreibers PreussenElektra der MOPO. Da sich das Kraftwerk noch nicht im Rückbau befindet, wäre eine Inbetriebnahme zwar theoretisch möglich, praktisch aber nicht so leicht umzusetzen – schließlich habe sich das Unternehmen seit Jahren auf die Stilllegung vorbereitet. Mittelfristig gebe es daher etwa keine frischen Brennelemente und ausreichend gesondert lizensiertes Personal mehr.
Ukraine-Krieg: Wird die Laufzeit der verbleibenden AKW verlängert?
Eher möglich wäre laut PreussenElektra eine weitere Nutzung des Kraftwerks Isar 2 in Bayern, das derzeit erst Ende des Jahres abgeschaltet werden soll. „In dieser Ausnahmesituation sind wir von der PreussenElektra bereit, darüber zu sprechen, unter welchen technischen, organisatorischen und regulatorischen Randbedingungen eine verlängerte Nutzung des Kernkraftwerks Isar 2 möglich wäre, sofern dies seitens der Bundesregierung ausdrücklich gewünscht ist“, so das Unternehmen.
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Doch die Bundesregierung hält sich mit dieser Option bislang zurück. Zwar hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eine Verlängerung der drei restlichen Meiler über 2022 hinaus nicht kategorisch ausgeschlossen. Überzeugt ist er aber nicht: „Für den Winter 2022/23 würde uns die Atomkraft nicht helfen“, sagte er. Die Vorbereitungen für die anstehenden Abschaltungen seien so weit fortgeschritten, dass die AKW „nur unter höchsten Sicherheitsbedenken und möglicherweise mit noch nicht gesicherten Brennstoffzulieferungen“ weiter betrieben werden könnten. „Und das wollen wir sicher nicht.“
Auch aus Schleswig-Holstein bekam der FDP-Vorstoß Gegenwind: Es könne und dürfe keine Antwort auf eine internationale Krise sein, abgeschaltete Kernkraftwerke wieder ans Netz gehen zu lassen, sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin und Finanzministerin Monika Heinold. In Schleswig-Holstein regieren FDP, CDU und Grüne.