Nach Segnungs-Absage aus Rom: Bischöfe und Priester erheben sich gegen den Vatikan
Würzburg/München –
Nach dem kategorischen Nein des Vatikans zur Segnung homosexueller Partnerschaften geht ein Aufschrei durch die katholische Kirche. Theologen sehen in dem Proteststurm eine ganz neue Qualität. Einer zieht sogar Parallelen zur Französischen Revolution.
Katholische Pfarrer, die sich ganz offen gegen Rom stellen, ein Hashtag „Pastoraler Ungehorsam“, der sich in der so autoritär aufgestellten katholischen Kirche verbreitet: Das entschiedene Nein des Vatikans zur Segnung homosexueller Partnerschaften hat die Diskussion darum nicht etwa erlöschen lassen, sondern in bislang nicht da gewesener Form angefacht.
Vatikan: Nein zur Segnung weckt Diskussion
„Es ist ein Machtwort“, sagt Martin Kirschner, Professor für Theologie in Transformationsprozessen an der Katholischen Universität Eichstätt, über das Nein aus Rom. „Es ist der Versuch den Raum der Kirche zu besitzen und zu bestimmen, auch um offene Kommunikationsprozesse zu unterbinden.“
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Und dieser Versuch sei ins Gegenteil umgeschlagen: „Statt eine Debatte zu beenden, wird diese Debatte gerade losgetreten, und zwar mit voller Wucht“, sagt Kirschner. „Ein Machtwort, das Teile der Wirklichkeit ausblendet und die Konflikte zu unterbinden sucht, untergräbt die eigene Autorität. Es macht das sichtbar, was aus der eigenen Position ausgeschlossen und verleugnet wird.“
Immer mehr Priester wenden sich gegen Rom
Online posten immer mehr Priester, dass sie die Vorgaben aus Rom falsch finden, sich nicht daran halten, dass sie „ungehorsam“ sein wollen – ein eigentlich ganz unerhörtes Wort in der katholischen Kirche.
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck meint, die kirchliche Lehre verlange „dringend eine erweiterte Sichtweise auf die menschliche Sexualität“. Die Erklärung der Glaubenskongregation habe viele Menschen mit einer homosexuellen Orientierung gekränkt und verletzt. Eine solche Position werde in der heutigen Zeit nicht mehr akzeptiert. Die Haltung der Gläubigen dürfe vom Vatikan nicht ignoriert werden.
Hunderte Kirchenleute wollen es Rom inzwischen schriftlich geben, dass sie da nicht mehr mitmachen wollen. Der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose und der Pfarrer Bernd Mönkebüscher aus Hamm, der sich vor zwei Jahren öffentlich als homosexuell outete, haben eine Unterschriften-Aktion gestartet. „Wir wollen uns nicht auf diese sehr verengte und veraltete Sicht von Sexualität fixieren, sondern wir sehen liebende Menschen“, sagt Hose.
Unterschriften-Aktion bis Palmsonntag
Knapp 2000 Menschen haben seinen Angaben zufolge inzwischen unterschrieben – die meisten von ihnen katholische Theologen, Priester, Ordensleute, Seelsorger, Pfarr- oder Gemeindereferenten. Bis Palmsonntag werde gesammelt – dann soll die Liste dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, und der Vorsitzenden des Forums „Sexualität und Partnerschaft“, Birgit Mock, übergeben werden. Ein genauer Termin stehe noch nicht fest – am liebsten noch vor Ostern.
„Die Begründung in dieser Entscheidung der Glaubenskongregation hat uns erschüttert: Diese geht von einem sehr überholten – inzwischen antiquierten – Naturrechtsbegriff aus“, sagt Hose. Die Resonanz sei überwältigend. „Die große Anzahl, die uns selbst überrascht hat, zeigt doch, dass es einen Willen gibt, sich über solche bizarren Äußerungen aus Rom auch im konkreten, im pastoralen Alltag, hinwegzusetzen“, sagt der Hochschulpfarrer.
Und genau darin sehen Theologen und Kirchenreformer eine neue Qualität im Protest gegen Rom. Denn der revolutionäre Wind weht nicht mehr nur bei Reformbewegungen wie „Wir sind Kirche“ oder „Maria 2.0“, bei kirchlichen Vereinen und nicht einmal mehr nur bei den Mitgliedern der Kirchengemeinden, sondern ist jetzt angekommen bei den Geistlichen, die keine Scheu haben, offen ihre Meinung zu sagen. (dpa)