Geflüchtete kommen in Deutschland an
  • Immer mehr ukrainische Geflüchtete kommen an deutschen Bahnhöfen an. Die Solidarität ist groß.
  • Foto: IMAGO / Die Videomanufaktur

Ukraine-Krieg: Wie werde ich zum Gastgeber für Geflüchtete?

Zerstörte Städte, Hunger, Verletzte, Tote. Der russische Angriffskrieg sorgt für Elend und Leid in der Ukraine. Immer mehr Menschen verlassen daher ihre Heimat, versuchen sich im Ausland in Sicherheit zu bringen. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben bislang etwa zwei Millionen Menschen die Ukraine verlassen. In Deutschland sind, laut Innenministerium, bislang etwa 65.000 Kriegsflüchtlinge angekommen. Die Solidarität mit ihnen ist groß: Viele Menschen nehmen geflohene Ukrainer bei sich zu Hause auf. Doch wie wird man zum Gastgeber von Geflüchteten und was muss man beachten?

Darf ich als Mieter Geflüchtete aufnehmen?

Ja, Ukrainer dürfen nach Deutschland einreisen und sich hier frei bewegen. Die Europäische Union garantiert ihnen Schutz für mindestens ein Jahr. Wer seine Mietwohnung mit Geflüchteten teilen möchte, kann das für sechs bis acht Wochen machen – ohne den Vermieter um Erlaubnis bitten zu müssen. Diese Zeitspanne fällt unter den erlaubnisfreien Besuch. Geht die Besuchszeit jedoch länger, sollte man sich eine Erlaubnis vom Vermieter einholen.

Darf ich an Geflüchtete vermieten?

Ukrainer können in Deutschland einen Mietvertrag abschließen. Einzige Bedingung: Sie müssen bei den Behörden als Geflüchtete registriert sein. Dann steht ihnen auch Unterstützung vom Staat zu. Die ukrainischen Geflüchteten haben Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, wozu Essen und Kleidung gehört und – je nach Höhe der Miete – auch ein Zuschuss oder die Übernahme der Monatsmiete. Ausnahme: Die Geflüchteten haben selbst genug Geld zur Verfügung.

Wo kann ich melden, dass ich Geflüchtete aufnehmen möchte?

Einige Bundesländer haben Portale eingerichtet, die bei der Vermittlung helfen. Ansprechpartner sind in Hamburg unter anderem „Fördern und Wohnen“, „Wohnbrücke“ und die Koordination des freiwilligen Engagements der Stadt Hamburg. Zusätzlich gibt es das private Vermittlungsportal „Unterkunft Ukraine“, das unter anderem von Greenpeace und der GLS Bank unterstützt wird. Hier sind, nach Angaben der Plattform, bereits mehrere Tausend Geflüchtete vermittelt worden. Vorteil: Die Betreiber haben Erfahrung mit der Unterbringung von Geflüchteten und können bei Fragen und Problemen oft helfen. Über das Ferienwohnungsportal „Airbnb“ kann man ebenfalls Wohnungen für Geflüchtete anbieten. Freiwillige können ihre Wohnung hier kostenlos inserieren. Die Kosten sollen laut Unternehmensmitteilung, vom Unternehmen, Spendern und Wohnungsbesitzern übernommen.

Muss ich die Behörden informieren?

Nein, wer Geflüchtete bei sich aufnehmen möchte, muss die Behörden nicht informieren. Ukrainer dürfen zunächst ohne Anmeldung in Deutschland leben. Wenn sie jedoch länger als 90 Tage im Land bleiben oder Sozialleistungen beziehen wollen, müssen sie sich bei den Ämtern melden. Eine Registrierung hilft zudem, dass die Behörden die Zahl der Geflüchteten und damit auch die Hilfsangebote besser einschätzen und koordinieren können.

Wie lange soll ich die Unterkunft anbieten?

In absoluten Notfällen gilt: Jede Hilfe zählt – also auch, wenn man nur für eine Nacht einen Schlafplatz zur Verfügung stellen kann. Doch besser ist, wenn man die Geflüchteten für einen längeren Zeitraum zu sich nimmt. So vermeidet man, dass eine Person, die durch den Krieg bereits brutal aus ihrem normalen Leben gerissen wurde, sich auch hier andauernd an ein neues Umfeld gewöhnen muss. Andreas Grafemeyer, Sprecher der Vermittlungsplattform „Unterkunft Ukraine“, empfiehlt daher eine Mindestdauer von zwei Wochen.

Kann ich selbst entscheiden, wen ich aufnehme?

Das ist unterschiedlich. Bei der Plattform „Unterkunft Ukraine“ sei das möglich, sagt Grafemeyer. Wer sich dazu entscheidet, Hilfe anzubieten, kann im Freitext Hinweise geben. „Wenn es einen potentiellen Kandidaten gibt, fragen wir nach, ob das passen könnte oder nicht“. Letztendlich müssen es sich beide Seiten vorstellen können, auch die Gäste – vor allem mit Blick auf die Lebenssituation und den vorhandenen Platz beim Gastgeber.

Welche Probleme kann die Aufnahme von Geflüchteten bereiten?

Viele ukrainische Geflüchtete sprechen weder deutsch noch englisch, die Verständigung kann bisweilen also holprig sein. Hinzu kommt, dass einige der Menschen traumatische Erlebnisse durchlitten haben oder Familie im Kriegsgebiet zurücklassen mussten. Doris Tabelsi arbeitet seit 35 Jahren als Flüchtlingshelferin. Im Interview mit der „Zeit“ sagt sie: „Die meisten haben Dinge gesehen, die sie verarbeiten müssen. Sie haben Menschen, die sie lieben, zurücklassen müssen, Brüder, Söhne, Partner – diese Angst, die Sorge, den Schmerz müssen sie verarbeiten können.“ Dazu bräuchten sie eine Möglichkeit sich zurückzuziehen und ein gewisses Maß an Privatsphäre. Die Geflüchteten haben ebenfalls Anspruch auf psychosoziale Betreuung. Die „Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer“ hat zudem einen Leitfaden zum Traumasensiblen Umgang mit Geflüchteten herausgegeben, mit dem sich Helfer vorbereiten können.

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