Frage des Respekts: Warum St. Paulis zweiter Anzug erstklassig passt
Die Personalsituation hat sich beim FC St. Pauli nicht verbessert. Eric Smith ist „ein Kandidat für den Spieltagskader“, dafür muss Trainer Timo Schultz in Dresden auf die üblichen Verdächtigen plus Afeez Aremu (COVID-19, in häuslicher Quarantäne) verzichten. Dass der Kiezklub bislang so formidabel durch diese Phase gekommen ist, ist Bestätigung und Lohn des internen Umgangs zugleich. Denn die zweite Reihe liefert erstklassig ab.
Vor wenigen Tagen hatte Simon Makienok ein Loblied angestimmt. Der Däne zählt mit erst acht Startelfnominierungen meist nicht zur ersten Garnitur, fühlt sich aber trotzdem komplett dazugehörig und dankt dies mit guten Leistungen und einer Rolle im Kader, die mit Geld nicht aufzuwiegen ist.
FC St. Pauli: Timo Schultz schwärmt von seiner zweiten Reihe
„Simon ist ein Paradebeispiel dafür, wie man sich als Profi in so einer Situation verhalten kann“, frohlockte Timo Schultz. „Er ist immer positiv, hat sich immer um das große Ganze gesorgt.“ Das sei Teil seiner Persönlichkeit, „dass er sich ganz stark für seine Mitspieler einsetzt und darauf achtet, wie sich jeder einzelne gibt”. Makienok sei jemand, der immer vorweg gehe und ein tolles Vorbild abgebe. „Wir können froh sein, als Trainer wie als Mannschaft, dass wir so einen Typen in der Gruppe haben.“
Das Verhalten des 31-Jährigen ist allerdings auch Resultat der internen Atmosphäre, denn die ist geprägt von Wertschätzung für jeden einzelnen. „Das Wichtigste ist, dass du als Trainer weiterhin mit den Jungs kommunizierst und versuchst, deine Beziehung zu ihnen aufrecht zu erhalten“, erläuterte der Coach seine Prämisse, die auf eigener Erfahrung fußt. „Das ist für mich als Spieler immer wichtig gewesen, dass ich einen Trainer habe, bei dem ich weiß, woran ich bin.“
Dzwigala und Makienok als beste Beispiele
Das scheint bei St. Pauli gegeben. Denn nicht nur Makienok ist da, wenn er gebraucht wird. Das plakativste Beispiel ist wohl Adam Dzwigala, Fleisch gewordener Lückenstopfer auf nahezu allen defensiven Positionen, aber nur selten Startelf-Kandidat. Spieler wie ihn so bei Laune zu halten, dass sie verlässlich abliefern, ist die große Herausforderung.
„Auf der einen Seite müssen wir Entscheidungen treffen: Wer spielt, wer nicht“, sagte Schultz. „Auf der anderen müssen die Jungs merken, dass man sich mit ihnen auseinandersetzt, dass man ihnen Wertschätzung entgegenbringt, als Mensch wie als Sportler.“ Das solle immer Teil eines Trainers beim FC St. Pauli sein, schloss Schultz, „weil das auch eine Stärke des Vereins ist“.