Verunsicherung bei Zweitimpfung: Erst AstraZeneca, dann Biontech: Wie sicher ist das?
Bevor sich die Fälle von Hirnvenenthrombose häuften, haben viele jüngere Menschen eine erste Impfung mit AstraZeneca erhalten. Nun sollen sie bei der zweiten Dosis jedoch einen anderen Impfstoff gespritzt bekommen. Wie sicher ist so eine Kreuzimpfung?
Nach den Verdachtsfällen auf eine Hirnvenenthrombose wird der Impfstoff von AstraZeneca von der Ständigen Impfkommission (Stiko) in der Regel nur noch für Menschen über 60 Jahre empfohlen. Bis zu dieser Empfehlung wurde jedoch bereits rund 2,2 Millionen Bürger unter 60 Jahren eine Erstimpfung mit diesem Vakzin verabreicht, so das Bundesgesundheitsministerium. Sie sollen nun mit einem mRNA-Impfstoff, etwa von Biontech oder Moderna, zweitgeimpft werden.
AstraZeneca: Zweitimpfung soll mit mRNA-Impfstoff erfolgen
Der Lungenfacharzt und Direktor der Klinik für Pneumologie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), Tobias Welte, zeigt sich im Interview mit der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ verwundert über den Beschluss. Er plädiert dafür, zunächst die ersten Studienergebnisse aus England abzuwarten, bevor eine Zweitimpfung mit einem anderen Wirkstoff verabreicht wird – allerdings würden diese erst Mitte Mai vorliegen.
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Welte glaube zwar theoretisch, dass die Kreuzimpfung funktioniere, wolle sich als Wissenschaftler vor dem Handeln jedoch lieber auf gesicherte Daten stützen. Er spricht sich stattdessen für AstraZeneca aus: „Ich finde die Zurückhaltung, auch eine Zweitimpfung mit AstraZeneca bei Patienten unter 60 Jahren vorzunehmen, nicht zwingend nachvollziehbar“, sagt er der „HAZ“. „Wir brauchen jeden Impfstoff, nichts ist schlechter, als Impfstoff liegen zu lassen und nicht zu verimpfen. Wenn man die Situation in Indien sieht, dort wäre man für jede Impfung dankbar. Unsere Diskussion erscheint dort als Luxusproblem.“
WHO spricht keine Empfehlung für Kreuzimpfung aus
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sprach Anfang April keine Empfehlung für Kreuzimpfungen mit AstraZeneca und anderen Vakzinen aus. Der Grund: Es lägen noch keine ausreichenden Daten für mögliche Risiken einer ersten Impfdosis mit AstraZeneca und einem anderen Mittel als Zweitimpfung vor, sagt die WHO-Sprecherin Margaret Harris der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa).
Der Infektiologe an der Charité Berlin, Leif Erik Sander, erklärt jedoch, dass die Kreuzimpfung auch positive Seiten haben könnte: „Aus immunologischer Sicht kann eine solche Kombination sogar vorteilhaft sein und die Impfantwort des Immunsystems sogar verstärken. Ich erwarte mir von dieser Kombination daher eine gute Sicherheit und eine sehr gute Wirksamkeit mit einem exzellenten Schutz vor der Covid-19-Erkrankung“, sagt er in einem Twitter-Video.
Hamburger Polizei hat Lösung für Zweitimpfung gefunden
Auch bei der Hamburger Polizei gab es Verunsicherung – bei der Erstimpfung wurde überwiegend AstraZeneca verimpft. Die Führung und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) waren nun im ständigen Austausch, um eine Lösung zu finden. Mit Erfolg. Wie Polizeisprecherin Sandra Levgrün der MOPO mitteilte, steht den Beamten jetzt frei, sich in den Impfzentren mit den Wirkstoffen von Moderna, Biontech oder beim Hausarzt mit dem AstraZeneca-Vakzin impfen zu lassen.
Die Stiko empfiehlt derzeit für Personen unter 60 Jahren eine Zweitimpfung zwölf Wochen nach einer Erstimpfung. Nur in Einzelfällen, und nach einer individuellen Risikoanalyse durch einen Arzt, könne auch AstraZeneca bei der Zweitimpfung genutzt werden. (vd)