Schwarzer HSV-Trainer über Rassismus: Thioune: „Dann reißt auch ein Nazi die Arme hoch“
Klartext vom einzigen schwarzen Trainer im deutschen Profi-Fußball! HSV-Coach Daniel Thioune hat über Rassismus-Erfahrungen gesprochen und macht sich auch Gedanken über die Zukunft der Gesellschaft.
„Über die vielen Jahre, die ich im Fußball bin: Das einzige, was sich nicht verändert hat, ist, dass ich es immer wieder mit dummen Menschen zu tun habe“, sagte der HSV-Trainer im Podcast „HSV-Madrix“. „Und da gibt es eine Menge dummer Menschen, die auf irgendetwas stolz sein wollen.“ Vielleicht sei es die Hautfarbe. „Das wird sich nicht verändern.“
HSV-Trainer Daniel Thioune spricht über Rassismus
Doch wenn diese Menschen den Fernseher anmachen und die deutsche Fahne weht, „dann schauen sie auch in ein paar dunkle Augen“, meinte der 46 Jahre alte HSV-Coach mit Blick auf viele Nationalspieler mit Migrationshintergrund. „Ein ganz cooler Augenblick für mich, glaube ich.“
Er selbst hat sich wegen eigener Rassismus-Erfahrungen zeitweise schwer getan, sich mit Deutschland und der Nationalmannschaft zu identifizieren. „Es sind Momente eingetreten, die ich mir niemals so gewünscht hätte“, sagte der Sohn einer Deutschen und eines Senegalesen, der aus Osnabrück kommt. „Wenn man als Fußballspieler irgendwo im Osten unterwegs ist und Zehntausend rufen ‚Haut den Neger‘ um, dann löst das sicherlich etwas aus.“
HSV-Trainer Daniel Thioune: Tor-Vorlage von David Odonkor 2006 ein besonderer Moment
Es sei dann schwer, „es bei der ein oder anderen Weltmeisterschaft oder Europameisterschaft mit den deutschen Farben zu halten“. Dann distanziere man sich, „obwohl man hier geboren ist, hier aufgewachsen ist und auch eine gewisse Wertehaltung vertreten möchte.“
Ein besonderer Moment für ihn war das Siegtor von Oliver Neuville nach Vorarbeit von David Odonkor im WM-Gruppenspiel gegen Polen 2006 in Dortmund. Das seien nicht zwei Spieler, „die grundsätzlich nur arische Vorfahren haben und die komplett weiß pigmentiert sind“. Das mache es besonders, dann sei er „Fan der Mannschaft und des Landes“.
HSV-Trainer Daniel Thioune über Rassismus: „Wenn Ambrosius trifft, reißt auch ein Nazi die Arme hoch“
Er erinnerte auch an seine beiden Spieler Stephan Ambrosius und Josha Vagnoman, die aktuell mit der deutschen U21-Auswahl bei der EM in Ungarn spielen. „Zwei Hamburger Jungs – wenn man da nicht stolz ist, dass die beiden auflaufen dürfen“, meinte Thioune. „Sie haben den Adler auf der Brust und singen die Nationalhymne. Dann bin ich bei ihnen, dann ist das Gänsehaut für mich.“
Über mögliche rechtsgerichtete Fans beim HSV sagte Thioune: „Wenn Ambrosius in der 87. Minute nach Flanke von Vagnoman das 1:0 köpft, reißt auch ein strammer Nazi vor Freude die Arme hoch. Vielleicht sind die Farben des Klubs dann doch größer als die Farben, die die Protagonisten tragen.“