Landwirtschaft der Zukunft: So wappnet sich ein junger Bauer gegen Dürre
Es war der heiße Sommer im Jahr 2018, der Landwirt Felix Riecken die Augen öffnete: Nach wochenlanger Hitze waren Weiden und Felder des Familien-Bio-Milchbetriebs verdorrt, die Rinder fanden keine Nahrung mehr. Schon im August musste das Futtersilo für den Winter angebrochen werden. Für zwölf Kühe reichte es nicht – sie mussten geschlachtet werden. Ein weiteres Tier starb an einem Hitzschlag. Für den jungen Landwirt war klar: Um sein Familienerbe vor dem Klimawandel zu retten, muss sich etwas ändern.
Hitze- und Sonnenrekorde – aber kaum Regen: Die Extrem-Dürre im Sommer 2018 hat sich auch vielen Landwirten im Norden im Gedächtnis eingebrannt. „Bis dahin hatten wir in Schleswig-Holstein immer genug Wasser. Aber plötzlich war meine ganze Zukunftsperspektive bedroht“, erzählt Jung-Bauer Felix Riecken der MOPO. „Jeden Morgen aufzustehen und zuzusehen, wie das Land immer trockener wurde, ging sehr stark an die menschlichen Kräfte.“
Landwirt im Norden findet Klima-Lösung in altem Ansatz
Der jetzt 27-Jährige übernimmt den Hof in Grossbarkau bei Kiel in fünfter Generation. 160 Rinder für Milch, Zucht und Mast besitzt der Betrieb „Rieckens Eichhof“. Dazu bewirtschaftet er 90 Hektar Land als Weide und zum Futteranbau. Schon seit 1899 ist der Hof in Familienhand.
Doch der Klimawandel bringt die Zukunft des Betriebs ins Wanken. Denn Böden trotz unregelmäßiger Niederschläge feucht und gesund zu halten und ihrer Erosion durch extreme Wetter vorzubeugen, ist eine der aktuell größten Herausforderungen für die Landwirtschaft. Damals noch im Studium begann Riecken nach Lösungen zu suchen – und stieß auf einen eigentlich alten Ansatz: die Agroforstwirtschaft.
Agrofrostwirtschaft: So funktioniert es
Dabei werden Bäume und Sträucher mit Acker- und Weideflächen kombiniert und gemeinsam bewirtschaftet. Der Vorteil: Die Bäume halten Sonne und vor allem Wind ab und schützen den Boden so vor Verdunstung und Austrocknung – Wasser wird somit länger gehalten. Gleichzeitig entsteht durch die Biomasse der Bäume und Sträucher wertvoller Humusboden, der Nährstoffe und Wasser besonders gut speichert. Das fördert die Artenvielfalt, zudem speichert die Fläche so mehr CO2. Der gesunde Boden kommt wiederum der Ernte zugute und führt zu mehr Ertrag. Auch die Bäume können die Landwirte verwerten.
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Riecken begeisterte der Ansatz sofort. Doch ist Agroforstwirtschaft wirklich das Wundermittel, das sogar die als Methan-Verursacher verteufelte Kuhhaltung klimafreundlich und nachhaltig machen kann? „Nein, das wird Massentierhaltung wohl nie“, sagt Riecken. Menschen müssten weniger Fleisch und Milchprodukte konsumieren. Doch der Landwirt ist überzeugt: „So wie wir unsere Kühe halten, werden wir kombiniert mit Agroforstsystemen künftig klimapositiv sein können.“
Hohe Kosten und langer Atem: Umstellung dauert
Doch die Entwicklung ist aufwendig: Ein Jahr lang tüftelte Riecken an den perfekten Baum-Standorten auf Weiden und Äckern – schließlich sollen die Bäume jahrzehntelang bleiben. In einer großen Aktion pflanzten die Rieckens dann 2020 mit viel Hilfe von Freiwilligen 1600 Bäume auf zwölf Hektar. Jetzt weiden Kühe zwischen Obstbäumen und Baumreihen ziehen sich durch die Ackerfläche. Und das kostet: 85.000 Euro werden allein 8,5 Hektar der bisher umgewandelten Fläche in den kommenden beiden Jahren verschlingen.
Hohe Investitionskosten, rechtliche Unklarheiten zwischen Land- und Forstwirtschaft und der lange Atem bis zu Resultaten gelten somit auch als die Hauptgründe, deshalb die Agrofortwirtschaft trotz all ihrer Vorteile in Deutschland zwar auf dem Vormarsch, aber noch nicht weit verbreitet ist.
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Riecken aber will sukzessive den gesamten Betrieb umstellen. Bis sich die Vorteile zeigen, müssen die Bäume aber noch einige Jahre wachsen. Erste Effekte sieht er trotzdem schon – in einer gesteigerten Artenvielfalt: „Wir haben auf einmal Vögel hier, die wir vorher noch nie auf unseren Flächen gesehen haben.“