Wir brauchen mehr Wasser – doch woher soll es kommen?
460 Brunnen, 16 Wasserwerke und 5500 Kilometer Leitungen: Mehr als zwei Millionen Menschen in Hamburg und Umgebung werden von „Hamburg Wasser“ täglich mit Trinkwasser versorgt. Doch die Stadt wächst – und gleichzeitig gibt es längere Trockenzeiten. Kann das Hamburger Grundwasser das auffangen?
Trinkwasser: Das kühle Nass ist eines der am besten geschützten Lebensmitteln überhaupt. Jeder Hamburger nutzt im Schnitt 110 Liter Wasser am Tag – zum Trinken zum Beispiel, zum Duschen oder für die Waschmaschine. 330.000 Kubikmeter Wasser täglich werden in unserer Stadt im Schnitt vom städtischen Wasserversorger „Hamburg Wasser“ abgegeben – das ist fast so viel, wie in die Binnenalster passt.
Trinkwasser in Hamburg: Der Verbrauch steigt
Doch künftig werden wir noch deutlich mehr Wasser brauchen, denn Hamburg wächst. 2035 könnte die Zwei-Millionen-Einwohner-Marke geknackt worden sein – und allein 100.000 Einwohner mehr würden einen Mehrbedarf von rund vier Millionen Kubikmetern Wasser im Jahr verursachen, erklärt Arnd Wendland, Leiter der Wasserwerke bei Hamburg Wasser der MOPO. Das ist mehr als in die gesamte Außenalster.
Und auch der Klimawandel wirkt sich mit längeren Trockenperioden aufs Wasser aus: „Für jeden Sommertag über 20 Grad brauchen wir etwa 100.000 Kubikmeter mehr Wasser“, erläutert Wendland. Von den heißen Sommern 2018 und 2019 haben sich die Grundwasserbestände langsamer als üblich erholt, sagt er. Zuversichtlich ist er trotzdem: „Wir sehen Effekte, aber insgesamt ist davon auszugehen, dass sich das Grundwasser weiterhin regenerieren wird“, sagt er. Nach aktuellen Prognosen sei innerhalb der nächsten 30 Jahre in Norddeutschland überwiegend nicht mit einer Verringerung der Neubildungsrate zu rechnen. Denn obwohl es im Sommer zu mehr Dürrephasen kommen könne, gebe es im Winter üblicherweise auch mehr Regen. Im Winter versickert der Regen und dient damit der Grundwasser-Neubildung, während er im Sommer eher verdunstet und von der Vegetation gebraucht wird.
Umstellen muss sich Hamburgs Wasser-Infrastruktur trotzdem. Unser Trinkwasser stammt aus reinem Grundwasser. Damit es aus den Hähnen sprudelt, pumpen es rund 460 Brunnen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen aus 20 bis 430 Metern Tiefe an die Oberfläche. In 16 Wasserwerken wird es dann mithilfe von Sauerstoff von Eisen, Mangan, Kohlensäure und Schwefelwasserstoff gereinigt und weiter an den Verbraucher geleitet.
Hitzewellen nehmen zu: Hamburg Wasser ruft zum Sparen auf
Um den enormen Wasserverbrauch an heißen Sommertagen zu stemmen, müssen diese technischen Anlagen nun angepasst und mehr Zwischenspeicher geschaffen werden. Aktuell ist das System auf Spitzenabgaben von 400.000 Kubikmeter Wasser pro Tag ausgerichtet. In den vergangenen Jahren wurde das häufiger überschritten: In 2020 waren es 19, in 2018 sogar 21 Tage. Zum Vergleich: Von 2010 bis 2017 traf das insgesamt auf nur sieben Tage zu. Um den Verbrauch zu senken, ruft Hamburg Wasser deshalb zum Sparen auf und forscht am Wasser-Recycling. Zum Beispiel für die Bewässerung von Stadtgrün.
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Doch langfristig muss auch mehr Wasser gefördert werden – und hierfür ist der Wasserversorger schon emsig auf der Suche. Mit Drohnen etwa, die nach den wenigen geeigneten Grundstücken Ausschau halten, um ältere Brunnen mit leistungsfähigeren zu ersetzen. Oder mit Forschungen an einem neuen Verfahren, mit dem endlich auch Grundwasser aus der Nähe von Salzstöcken zu Trinkwasser aufbereitet werden kann.
Der Druck auf die Ressource Wasser steigt: Streitthema Förderung
Und ganz konfliktfrei läuft die Wasser-Förderung auch hier im Norden nicht – schließlich erheben nicht nur Hamburger Anspruch auf das Wasser, sondern auch andere Akteure wie Landwirtschaft, Industrie oder der Naturschutz. Deutlich zeigte sich das in der Nordheide: Rund 13 Prozent der Fördermenge von Hamburg Wasser kommen daher. Der städtische Konzern will die Förderung erhöhen und langfristig besser absichern, gleichzeitig warfen Grundeigentümer und eine Bürgerinitiative Hamburg vor, der Nordheide das Wasser abzugraben und lokale Gewässer auszutrocknen. Ihre Klagen wies das zuständige Gericht zwar ab, doch solche Verteilungskonflikte dürften auch künftig Thema werden. Auf Bundesebene wird daher an einer Nationalen Wasserstrategie gearbeitet, die unter anderem klare Regeln bei Wasserknappheit schaffen soll. Denn der Druck auf die Ressource steigt.