CDU-Politiker: „Möglich machen, dass Menschen mit Familie Spitzenämter haben“
In der deutschen Politik-Riege sind sich zwar die meisten einig: Der Rücktritt von Anne Spiegel (Grüne) nach ihrer Urlaubsverfehlung war vermutlich richtig. Dennoch ist eine Diskussion entbrannt über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Spitzenämtern. Und dann wäre da noch die Frage: Wäre das auch einem Mann alles so passiert?
Grünen-Chefin Ricarda Lang widersprach im RTL/ntv „Frühstart“ explizit Gerüchten, Spiegel sei von der Parteispitze zum Rückzug gedrängt worden. Und: Sie bedaure den Rücktritt. Bei ihrem Kollegen Omid Nouripour hatte das tags zuvor noch etwas anders geklungen: Zwar zollte auch er Spiegels Offenheit Respekt – den Rücktritt aber fand er doch richtig.
Ricarda Lang will Debatte über Härten des Polit-Betriebs
Auf die Frage, ob eine Ministerin mit vier Kindern ihr Amt ausüben könne, reagierte Lang deutlich: „Das muss möglich sein in unserer Gesellschaft.“ Regierungshandeln werde dadurch auch besser. Der Fall Spiegel aber habe die Defizite klar gezeigt. „Ich würde mir wünschen, dass wir das auch als Anlass nehmen für eine Debatte darüber: Wie gehen wir eigentlich mit diesen Härten des politischen Betriebs um?“

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Auch der grüne Landeschef von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, pflichtete bei: In schwierigen Lebenslagen, da müsse es möglich sein, den Schwerpunkt auf das Private zu legen. „Sonst wäre das nur leeres Gerede von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.“ In seinem eigenen Kabinett habe er auf der letzten Sitzung ein konkretes Vorgehen vorgeschlagen: Auch Regierungsmitglieder müssten Auszeiten nehmen können. Dann sprängen die jeweiligen Staatssekretäre ein. Spiegels Rücktritt indes sei „unvermeidlich“ gewesen, ergänzte er.
Auch Hendrik Wüst (CDU) will neuen Politikstil
Unterstützung kam auch von unerwarteter Seite. Seine Unions-Kollegen hatten zwar am lautesten Spiegels Rücktritt gefordert. Doch der Landeschef von NRW, Hendrik Wüst (CDU), betonte: Ihren Rückzug könne er verstehen. „Aber wichtig ist, glaube ich, in dieser Diskussion, dass wir möglich machen, dass auch in Zukunft Menschen mit Kindern, Menschen mit Familie politische Spitzenämter haben.“
Könnte die ganze Affäre am Ende also ein Gutes haben? Ganz unabhängig von Spiegels Verfehlungen: Denkt Deutschland über einen neuen Politikstil nach? In vielen Kommentaren zumindest, von Normalbürgern und Journalistinnen gleichermaßen, wurden oft Vergleiche zu früheren Ministern gezogen.
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Am Häufigsten zu Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der symptomatisch für einen alten Politikstil stehe. Als Ende 2021 seine Bilanz gezogen wurde, da war er so ziemlich der einzige, der sich selbst weiter unverdrossen ein uneingeschränkt gutes Zeugnis ausstellte. Oliver Luksic (FDP) etwa resümierte damals: „Er hat einfach viel Mist gebaut.“ Allein mit der gescheiterten Pkw-Maut habe er Millionen an Steuergeldern verbrannt, Haushalts- und Vergaberecht gebrochen, den Bundestag belogen. „Allein das hätte für drei Rücktritte gereicht.“ (km)
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