Sieg verspielt! Mega-Frust bei St. Pauli nach Ausgleich in der Nachspielzeit
Sie hatten einen ganz großen Wurf unmittelbar vor Augen, drei Punkte auf dem Weg gen Bundesliga vermeintlich sicher in der Tasche. Doch in der Nachspielzeit kassierte der FC St. Pauli vor 7094 Zuschauer:innen im Anschluss an einen Eckball beim SV Sandhausen noch den 1:1 (1:0)-Ausgleich durch Janik Bachmann. Es war wie ein Stich ins Herz einer Mannschaft, die zuvor den Widrigkeiten zwar nicht schön, aber erfolgreich die Stirn geboten hatte.
„Was soll man sagen?!“, meinte ein frustrierter Trainer Timo Schultz unter dem Eindruck des späten Gegentores. „Am Ende hast du einen Punkt mehr auf dem Konto und gefühlt sind es fünf weniger.“
Nicht nur mit dem Ergebnis war der Coach der Kiezkicker unzufrieden, sondern auch mit dem Aufritt seiner Mannschaft. „Es war uns klar, dass es heute erst mal darum geht, die Null zu halten und das haben wir richtig gut gemacht. Aus dem Spiel heraus hatte Sandhausen nicht eine Chance über 90 Minuten“, beschrieb Schultz das Positive, bemängelte aber das Spiel mit dem Ball: „Wir selbst hätten den Deckel draufmachen müssen. Wir haben sehr fehlerhaft und unkonzentriert gespielt, hatten viele technische Fehler – für uns eigentlich sehr untypisch und darüber hinaus haben wir eine schlechte Körpersprache an Tag gelegt. Und das wird bestraft.“
Die Voraussetzungen im Vorfeld der Partie waren suboptimal gewesen. Statt grenzenloser Euphorie wegen der großen Aufstiegschance kurz vor Saisonende gibt es interne Irritationen bezüglich der ausstehenden Klärung auslaufender Verträge von Co-Trainern und Spielern, zudem hatte eine prägende Figur die Reise in die Kurpfalz gar nicht erst mit angetreten: Kofi Kyerehs Oberschenkelprobleme machten einen Einsatz unmöglich.
FC St. Pauli mit Etienne Amenyido statt Daniel-Kofi Kyereh
Timo Schultz besetzte die Zehnerposition stattdessen mit Etienne Amenyido, an dessen Stelle im Sturm Simon Makienok ran durfte. Zudem kehrte Adam Dzwigala statt Marcel Beifus im Vergleich zum Bremen-Spiel in die Rechtsverteidiger-Rolle zurück, auf der Sechs agierte der ballsichere Rico Benatelli und nicht Defensivstratege Afeez Aremu.
Schnell wurde klar, dass die Nummer kein Zuckerschlecken werden würde. Sandhausen überließ St. Pauli erwartungsgemäß den Ball, aber vor allem im Zentrum keinen Raum und wartete auf Fehler und Ungenauigkeiten, die angesichts des schlechten Rasens naturgemäß passieren mussten. Geduld und Nervenstärke waren mehr gefragt als fußballerische Fertigkeiten.
Simon Makienok mit guten Aktionen gegen Sandhausen
Entsprechend passierte wenig Erwähnenswertes. Die ersten beiden Halbchancen hatten die Hausherren durch Zhirov (5.) und Soukou (10.), während die Hamburger nur sehr behutsam in gefährliche Zonen vordringen konnten und auf einen Fehler von Keeper Drewes nach Freistoß von Leart Paqarada warten mussten, aber Jackson Irvine war bei der sich ihm bietenden Möglichkeit zu überrascht (22.).
In der Folge verzeichneten Marcel Hartel (26.) und Dzwigala (30.) immerhin erste Torabschlüsse. Die größte Möglichkeit aber bot sich auf der Gegenseite Soukou (33.) nach einem Konter, er fand aber in Nikola Vasilj seinen Meister. Im Gegenzug trat dann Simon Makienok erstmals nachhaltig in Erscheinung, als er Paqaradas langen Ball mit der Brust ansaugte und volley knapp am Ziel vorbei schoss (34.).
St. Pauli bekommt Elfer nach Foul an Burgstaller und VAR-Entscheidung
Und Makienok war es auch, der die Führung einleitete. Er setzte Guido Burgstaller im Strafraum in Szene, der von Dumic zu Fall gebracht wurde. Schiri Brych hatte freie Sicht auf die Szene, ließ trotzdem zunächst weiterlaufen, um dann nach VAR-Eingriff nicht mehr um die einzig richtige Entscheidung herumkommen zu können: Elfmeter. Der Gefoulte trat selbst an und verwandelte im Stil eines abgezockten Routiniers locker in die Mitte – 1:0 für St. Pauli nach 39 Minuten und auch der Pausenstand.
Durchgang zwei hatte kaum begonnen, da hatten die Kiezkicker schon den ersten Matchball. Nach doppelter Balleroberung von Paqarada und Hartel steckte Burgstaller die Kugel mustergültig auf Hartel durch, der blank vor Drewes auftauchte, aber an eben jenem scheiterte (48.). Ein entscheidender Moment in der Partie, auch wenn das zu diesem Zeitpunkt natürlich noch niemand ahnen konnte.
Marcel Hartel vergibt die 2:0-Führung für St. Pauli
Insgesamt wirkten die Braun-Weißen kurzzeitig aktiver, weil der SVS natürlich seine passive Herangehensweise ändern und mehr anbieten musste. Und brenzlig vorm eigenen Tor wurde es nur dann, wenn einige Akteure (Medic, Hartel, Amenyido) meinten, Situationen auf dem Holper-Acker mit Kurzpässen, Kombinationen, Dribblings oder versuchten Beinschüssen lösen zu müssen.
Weil sich diese Szenen aber häuften, verloren die Gäste zusehends die Spielkontrolle. Zwar wusste Sandhausen mit dem ungewohnten Ballbesitz wenig anzufangen, souverän wirkte das Treiben der Kiezkicker dennoch nicht. Allerdings schienen sie über die Runden zu kommen, mit zunehmender Dauer kam den Hausherren auch merklich der Glaube abhanden, noch was holen zu können. Bis zur vermaledeiten Nachspielzeit…
Timo Schultz: So hat St. Pauli gegen Darmstadt, Nürnberg, Schalke „keine Chance“
„Jetzt ärgere ich auch mal über so ein Spiel und vor allem über den Spielausgang“, grollte Schultz nach der Partie, versuchte dann aber wie so oft, noch etwas Gutes im Schlechten zu sehen: „Wir haben einen Punkt mehr auf dem Konto. So doof wie sich das anhört: Das ist das Positive, was wir aus dem Spiel mit rausziehen können, aber uns ist auch klar, dass wir mit der Leistung von heute in den Topspielen keine Chance haben werden.“