Parteirebell Palmer lässt Grünen-Mitgliedschaft ruhen
Obwohl er nur Lokalpolitiker ist, eckt der grüne Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, immer wieder bei seiner Partei an – vor allem mit provokanten Aussagen. Ein Parteiausschluss des „Enfant terrible“ ist nun abgewendet, es wurde ein Kompromiss gefunden – Palmer lässt seine Parteimitgliedschaft vorerst ruhen. Die Landesvorsitzenden der Grünen bewerten dies auch als Schuldeingeständnis des Unruhestifters.
Bis Ende des Jahres 2023 lässt Palmer seine Grünen-Mitgliedschaft ruhen. Nach dem Parteirebell hat auch der baden-württembergische Landesvorstand der Grünen diesem Kompromissvorschlag des Landesschiedsgerichts im Parteiordnungsverfahren zugestimmt.
Boris Palmer hat die Grenzen überschritten
„Mit der Einigung auf das Vergleichsangebot hat Boris Palmer anerkannt, dass er gegen die Grundsätze und die Ordnung der Partei verstoßen hat“, erklärten die beiden Grünen-Landesvorsitzenden Lena Schwelling und Pascal Haggenmüller am Sonntag in Stuttgart. „Das ist ein wichtiges Zeichen, auch für all diejenigen in der Partei, die in den vergangenen Jahren immer wieder durch diese Debatten aufgerieben wurden.“
Nun sei klar: „Boris Palmer hat die Grenzen dessen überschritten, was wir als Partei aushalten müssen.“ Dem Vergleich zufolge wollen die Grünen im kommenden Jahr mit ihm Gespräche führen, wie er „zukünftig kontroverse innerparteiliche Meinungen äußern könnte unter Beachtung der Grundsätze und Ordnung der Partei“.
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Auf einem Landesparteitag Anfang Mai 2021 hatten die Grünen beschlossen, ein Ausschlussverfahren gegen den wegen seiner Provokationen umstrittenen Tübinger Rathauschef einzuleiten. Im November hatte der Landesvorstand der Grünen den Parteiausschluss dann auch beantragt. Zugleich war damals schon von einem möglichen Kompromiss die Rede, auf den sich die Beteiligten jetzt geeinigt haben.
Anlass für den Ausschlussantrag war ein rassistischer Facebook-Beitrag Palmers über den früheren deutschen Fußballnationalspieler Dennis Aogo. 2015 hatte sich der Tübinger Oberbürgermeister während der Flüchtlingskrise für Abschiebungen in Kriegsgebiete nach Syrien und Afghanistan ausgesprochen – und notfalls für die bewaffnete Schließung der EU-Grenzen. Und: Mehrfach äußerte er sich ablehnend zum Adoptionsrecht für homosexuelle Paare.
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Am Samstag schlug das Landesschiedsgericht die zeitlich befristete Lösung vor. Palmers Anwalt Rezzo Schlauch sagte nach der Anhörung, dass das Schiedsgericht die Verhandlung sehr gut und mit hoher Sachkompetenz geführt habe: „Man kann es sich eigentlich nicht besser, nicht professioneller, nicht seriöser wünschen.“ Das Verfahren ist auch deshalb von Bedeutung, weil im Herbst in Tübingen die Wahl des Oberbürgermeisters ansteht. Palmer will als unabhängiger Kandidat antreten. (alp/dpa)