Neue Enthüllungen: Wie Fynn Kliemann die Kontrolle über das Maskengeschäft verlor
Spätestens seit dem 6. Mai dürfte die Welt im „Kliemannsland“ auf dem Kopf stehen: 30 Minuten lang wurde Musiker, Influencer und Unternehmer Fynn Kliemann in der Sendung „ZDF Magazin Royale“ von Jan Böhmermann kritisiert. Dabei ging es um dubiose Geschäfte mit Corona-Schutzmasken und unübersichtliche Spendensammlungen. Ein Bericht vom „Spiegel“ bringt nun neue Details ans Licht.
Besonders die Anschuldigungen bezüglich der Maskengeschäfte schlugen hohe Wellen: Einerseits soll Kliemann gemeinsam mit dem Unternehmen „Global Tactics“ verschleiert haben, dass Schutzmasken nicht wie beworben unter fairen Bedingungen in Europa, sondern für Dumping-Löhne in Asien hergestellt wurden. Außerdem sollen Masken, die wegen ihrer Mangelhaftigkeit in Deutschland nicht verkauft werden durften, an Geflüchtete in griechischen Camps verteilt worden seien – obwohl sie keinen ausreichenden Schutz vor einer Covid-Infektion boten.
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Kliemann reagierte auf die Vorwürfe zunächst mit „überhitzten“ Videos auf seinem Instagram-Kanal, bevor er ankündigte, sich „Zeit für Klarheit“ zu nehmen. Seitdem herrscht Stille auf seiner Social Media Plattform. Auf seinem Hof in Zeven im Landkreis Rotenburg in Niedersachsen traf Fynn Kliemann nun den „Spiegel“ zum Gespräch – aus dem jedoch nicht zitiert werden durfte.
Fynn Kliemann: Welche Vorwürfe stimmen – und welche nicht
Laut „Spiegel“-Informationen hat Kliemann Berater:innen engagiert, die seine Unterlagen durchkämmen und Klarheit schaffen sollen. Zumindest einen Teil der Vorwürfe wollen sie demnach entkräften: Die Deals mit den Masken aus Asien habe Kliemanns Geschäftspartner Tom Illbruck für das Unternehmen „Global Tactics“ abgewickelt, direkte Gewinne seien nicht an Kliemann gegangen.
Und auch die Spende der mangelhaften Masken lief laut „Spiegel“ über Illbruck – Beweise dafür, dass Kliemann von dem Ausmaß der Mängel wusste, gebe es keine. Die Masken, die er über seinen eigenen Webshop „Oderso“ verkaufte, sollen tatsächlich aus fairer Produktion in Portugal stammen. Er wollte sie eigentlich zum Selbstkostenpreis verkaufen. Eine Wirtschaftsprüferin soll allerdings festgestellt haben: Kliemann verdiente mit den Masken rund 248.000 Euro. Diesen Betrag möchte er nun spenden – um seinem Versprechen zumindest nachträglich gerecht zu werden.
248.000 Euro Gewinn: Fynn Kliemann will Masken-Geld nachträglich spenden
Tom Illbruck verkündete am Wochenende, dass er sich mit sofortiger Wirkung aus den Geschäften von „Global Tactics“ zurückziehe. Nach „Spiegel“-Informationen sei unstrittig, dass Kliemann von den dubiösen Geschäften mit den Masken wusste und an ihnen beteiligt war – zumindest als Vermittler und Mediator. So sollen Großkunden sich an seine Mailadresse gewandt und er sogar das Farbmuster für die für die ersten 100.000 Bangladesch-Masken bestimmt haben.
Gegen die Verwendung seines Namens und Gesichts zu Werbezwecken habe er sich dann aber gewehrt – das geht aus Chat-Nachrichten und E-Mails hervor, die dem „Spiegel“ vorliegen. Darin heißt es, dass Kliemann sich aus den Maskengeschäften weitestgehend „raushalten“ wollte – insbesondere von juristischen Kabbeleien mit Zwischenhändlern wollte er nichts wissen. Auf Nachfrage des „Spiegel“ wollte Kliemann sich hierzu nicht äußern.
Warum wollte Kliemann überhaupt nicht mit den Masken aus Asien in Verbindung gebracht werden? Wusste er um die Gefährlichkeit der Portugal-Lüge? Seit ein paar Wochen weiß man: An der Geschichte war manches faul.
Zahlreiche Kooperationen wurden seit den Enthüllungen aufgelöst – darunter die Zusammenarbeit mit „Viva con Agua“, dem Online-Modehändler „About You“, dem FC St. Pauli und der Baumarktkette „toom“. Der NDR legte eine mit Kliemann geplante Comedy-Sendung auf Eis, wie der Nachrichtendienst „DWDL“ berichtete. Auch der Deutsche Nachhaltigkeitspreis wurde Kliemann wegen „Greenwashing“ – trügerischer Nachhaltigkeit – wieder aberkannt.
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Doch die Konsequenzen treffen nicht nur Fynn Kliemann selbst: Das Recherchezentrum „Correctiv“ deckte auf, wer im Hintergrund an der „Kliemannsland GmbH“ verdient – mit einer Einlage von 25.000 Euro soll auch die Hamburger Influencerin Caroline Daur als stille Gesellschafterin dabei sein, bestätigt hat sie das nicht. Robert Dahl, der Betreiber der „Karls“ Erdbeer- und Erlebnishöfe, hat nach eigenen Angaben 500.000 Euro investiert. Im Handelsregister vermerkt und öffentlich einsehbar sind stille Gesellschafter:innen jedoch nicht. Aber auch das brachte die neueste „Spiegel“-Recherche ans Licht: Philipp Westermeyer, Gründer der „Online Marketing Rockstars“, outete sich gegenüber dem Magazin als stiller Gesellschafter. (mp)