„Überaus widerlich!“ Final-Chaos in Paris erzürnt Liverpools Bürgermeisterin
Nach dem Chaos vor dem Champions-League-Finale zwischen Liverpool und Real Madrid (0:1) am Samstagabend in Paris hat die britische Regierung die UEFA zu einer offiziellen Untersuchung der Vorgänge aufgerufen. „Es ist im Interesse aller Beteiligten, zu verstehen, was passiert ist, und die Lektionen daraus zu lernen“, schrieb die britische Kultur- und Sportministerin Nadine Dorries in einem am Sonntag veröffentlichten Statement.
Die UEFA müsse in Kooperation mit den beteiligten Polizeibehörden und den Beschäftigten im Stadion herausfinden, was schief gelaufen sei und warum. Die Aufnahmen der Szenen von Samstagabend seien „sehr besorgniserregend“, so Dorries.
Nach dem Champions League-Finale: UEFA in der Kritik
Die Polizei in Paris registrierte rund um das Finale 105 Festnahmen und 238 Verletzte. Die UEFA erklärte das Chaos durch das hohe Aufkommen von Fans ohne gültige Tickets. Die Drehkreuze am Eingang für Liverpool-Fans seien blockiert gewesen, weil Tausende Anhänger mit gefälschten Tickets diese nicht passieren konnten. Die Polizei setzte Tränengas ein. Die Anstoßzeit wurde um gut eine halbe Stunde verschoben. Fanvertreter kritisierten eine einseitige Darstellung der UEFA.
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Ein britischer Labour-Abgeordnete für Liverpool, Ian Byrne, rief sogar die französische Regierung dazu auf, eine grundsätzliche Untersuchung zu den Vorgängen einzuleiten. Byrne, der selbst in Paris dabei war, sagte der Nachrichtenagentur PA zufolge, er habe noch nie zuvor eine so „feindliche Umgebung“ erlebt.
Entsetzt über das, was geschehen war, sagte er bei Sky: „Wir sind zurück in der Zeit von 1989, als Lügen und Verleumdungen über Hillsborough sehr schnell verbreitet wurden und dieses Narrativ gesetzt wurde“. Damit geht der Politiker auf die Katastrophe von Hillsborough 1989 ein, bei der 97 Liverpool-Fans getötet und Hunderte verletzt wurden, als zu viele Anhänger während des Halbfinalspiels um den FA Cup zwischen Liverpool und Nottingham Forest im Hillsborough Stadium in Sheffield in einen Block strömten. Die Polizei gab Hooligans die Schuld. Doch später wurde bekannt, dass die Sicherheitskräfte schwere Fehler gemacht hatten.
Chris Philp und Joanne Anderson äußern ebenfalls Kritik an der UEFA und der Polizei
Staatssekretär Chris Philp zeigte sein Entsetzen über die Vorfälle in Paris: „Ich war von diesen Bildern entsetzt, dass die französische Polizei Pfefferspray gegen Fans einsetzte, darunter Kinder und Behinderte“, sagte er am Montag dem Sender Sky News. „Und von den Bildern, die ich gesehen habe, gab es keine offensichtliche Rechtfertigung für diese Art von Verhalten.“ Die UEFA müsse dieses Vorgehen dringend untersuchen, forderte Philp aus dem für Sport zuständigen Kulturministerium.
Auch Liverpools Bürgermeisterin Joanne Anderson hat das Vorgehen der französischen Polizei gegen britische Fans beim Champions-League-Finale in Paris als „überaus widerlich“ kritisiert. Die Polizei sei „wirklich brutal“ vorgegangen, zudem sei die Organisation des Fußballspiels „chaotisch“ gewesen, sagte Anderson, die selbst im Stadion war, am Montag der BBC.
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Die Bürgermeisterin (Labour-Partei) hat angekündigt, sie werde bei der britischen Außenministerin Liz Truss Antworten der UEFA und beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron eine Untersuchung der Vorfälle einfordern. „Es ist eine Schande, den Fans die Schuld zu geben“, twitterte Anderson.
Die Liverpool-Anhänger müssten eine Entschuldigung erhalten. „Unsere Fans wurden in Bezug auf ihr Verhalten stereotypisiert. Ich werde immer wütender, je mehr Geschichten ich höre“, sagte Anderson. „Fans müssen mit mehr Respekt behandelt werden.“
Frankreichs Sportministerin gibt den Fans die Schuld für die Ausschreitungen
Frankreichs Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra sieht die die Verantwortung allerdings vor allem bei den britischen Fußballfans. 30.000 bis 40.000 seien ohne Ticket oder mit gefälschten Tickets zum Stade de France gedrängt und hätten dort für massive Sicherheitsprobleme gesorgt, sagte die Ministerin am Montag dem Sender RTL in Paris. Geklärt werden müsse noch, wo die gefälschten Tickets in derart hoher Zahl herkamen. Die Ministerin warf dem FC Liverpool außerdem vor, sich anders als Real Madrid nicht gut um die Begleitung seiner Fans gekümmert und diese sich selber überlassen zu haben.
Die Ministerin bedauerte den Einsatz von Tränengas. Zugleich bekräftigte sie, dass Frankreich in der Lage sei, große Sportereignisse zu organisieren und verwies etwa auf die EM 2016.
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Aus dem Geschehen vom Samstagabend müssten alle Lehren gezogen werden, auch in Hinblick auf die Rugby-Weltmeisterschaft 2023 und die Olympischen Spiele 2024 in Frankreich. Gemeinsam mit Innenminister Gérald Darmanin wollte Oudéa-Castéra am Montagvormittag an einer Krisensitzung zur Aufarbeitung des Chaos am Stade de France teilnehmen. (dpa/brb)