• Wenn er denn schon einmal da ist: Dr. Katy Düsterhöft nutzte die Gelegenheit und schaute sich die Zähne von Stefan Fuhr, Chef vom Dienst bei der MOPO, an. Ergebnis: alles okay.
  • Foto: Dentologicum/hfr

Immer nach dem Essen Zähne putzen?: Zahnärztin räumt mit den Mythen auf

Sobald man Instagram öffnet, sieht man schöne Menschen, die einen mit strahlend weißen Zähnen anlächeln. Doch ist dieses Lächeln immer echt? Oder verfärben sich Zähne im Laufe des Lebens? Dr. Katy Düsterhöft räumt im Interview mit Mythen rund um die Zahngesundheit auf. Sie ist die leitende Zahnärztin und eine der Gesellschafter des Dentologicums in Othmarschen.

MOPO: Ein Zahnarzt kümmert sich nicht nur um die Zähne, oder?

Dr. Katy Düsterhöft: Nicht nur, denn unsere Tätigkeit umfasst die gesamte Mundhöhle. Dazu gehört die Gesundheit der Mundschleimhaut und der Wangenschleimhaut. Wir schauen auf die Zunge, den Zungengrund, den Gaumen, den Kieferknochen, die Kiefergelenke und die Kaumuskulatur. Aber natürlich kümmern wir uns um die Zahngesundheit und das Zahnfleisch. Der Begriff Zahnarzt spiegelt gar nicht unser ganzes Aufgabenfeld wider – besser wäre Oral-Mediziner.

Sind unsere Zähne im Kindesalter strahlend weiß?

Wenn alles – aber auch wirklich alles – in unserer embryonalen Entwicklung glatt gelaufen ist, haben wir weiße Zähne. Es gibt aber viele Faktoren, die sich negativ auswirken können. Etwa, wenn die Mutter ein Antibiotikum einnehmen muss. Aber: Es gibt nicht das Einheitsweiß. So wie bei dem einen die Haut heller ist, die Haare dunkler oder blond, so ist auch die Zahnfarbe sehr vielfältig und ganz individuell.

Und: Rotwein und Kaffee können die Zähne verfärben. 

Ja, nach dem Konsum von Rotwein oder Kaffee verfärben sich die Zähne – das Gute: nach dem Putzen sind sie wieder sauber. Unsere Zähne sind Gebrauchsgegenstände mit mehreren Funktionen: Sie sind nicht nur ein wichtiger Teil unseres Kau-Organs. Wir können durch sie auch richtig sprechen, und im Zusammenspiel mit der Zunge, dem Gaumen und den Rezeptoren in der Mundhöhle untersuchen sie die Nahrung. Und zwar bestenfalls ein Leben lang. Durch die unterschiedlichsten Einflüsse kann der Zahnschmelz kleine Risse bekommen oder porös werden. Hier lagern sich dann Farbpartikel ein, die den Zahn dunkler werden lassen, Stichwort: Rauchen. Man kann sich auch durch falsches Putzen den Zahnschmelz so wegschrubben, dass das darunter liegende gelbliche Dentin durchschimmert.

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Zahnärztin Dr. Katy Düsterhöft
Foto: Dentologicum/hfr

Zaubern Bleaching-Produkte aus der Drogerie das Weiß zurück? Oder ist das Geldschneiderei?

Man muss wissen, dass eine Drogerie keine Medizinprodukte verkaufen darf, sondern Kosmetika. Das heißt, von der Konzentration sind diese, wenn sie überhaupt Bleichmittel enthalten, sehr, sehr gering. Es kann schon sein, dass die Zähne minimal weißer werden, aber ein Zahn ist ja ein dreidimensionales Gebilde. Die Stripes aus der Drogerie werden beispielsweise aber nur vorne auf die Zähne geklebt. Was ist mit den Seitenflächen, die sowieso schon abgerundet in einer Nische liegen und dunkler schimmern? Bei vielen ist auch ein Bleaching gar nicht möglich, weil sie Brücken oder Kronen haben – die können ja nicht heller werden. Plötzlich sind da große Unterschiede zu sehen und man ist hinterher noch unglücklicher als vorher.

Soll man sich nach jedem Essen die Zähne putzen?

Jein. Ich glaube dieser Mythos ist auf dem Mist von Zahnärzten gewachsen. Wir wollen die Menschen dazu anhalten, sich regelmäßig die Zähne zu putzen. Und weil wir alle selbst auch Menschen sind und wissen, dass nicht jeder nach jedem Essen loslaufen und sich die Zähne putzen würde, wurde dieser Mythos irgendwann einfach in die Welt gesetzt. Das hat sich dann verselbstständigt. Wir sind froh, wenn sich jeder Mensch zwei Mal am Tag die Zähne putzt. Nach jedem Essen die Zähne putzen wäre unter Umständen sogar schädlich. Wenn Sie zum Frühstück zum Beispiel einen Obstsalat mit Grapefruit essen, dazu gibt’s Kaffee ohne Milch, dann greift die Säure die Zähne an. Wenn Sie jetzt sofort die Zähne putzen würden, dann schaden Sie mehr.

Welche ist besser: die klassische Handzahnbürste oder die elektrische?

Man kann mit beiden Zahnbürsten gut putzen. Auf die richtige Technik kommt es an. Mit der Handzahnbürste benötigt man mehr Zeit, weil die elektrische einem die Schwingungen abnimmt. Das richtige Putzen kann man sich in der Zahnarztpraxis von den Prophylaxe-Mitarbeiterinnen zeigen lasen.

Stichwort Zahncreme. Welchen Einfluss hat sie auf die Sauberkeit?

Keinen großen. Man bekommt die Zähne auch ohne Zahncreme sauber – aber niemals ohne Zahnbürste, die ist das aller Heilmittel. Und niemals täglich eine Zahncreme benutzen, die ein strahlendes Weiß verspricht. Diese Zahncremes enthalten alle Stoffe, die etwas vom Zahn abschmirgeln. Ja, vielleicht auch leichte Verfärbungen – aber auch gesunden Zahnschmelz. Höchstens alle drei Wochen ein Mal benutzen und dann wieder ab in den Schrank.

Je mehr die Zähne geschrubbt werden, desto sauberer werden sie, oder?

Niemals die Zähne schrubben. Wenn Sie eine ganz weiche Zahnbürste benutzen, mit der Sie in jede Ecke der Mundhöhle kommen, kriegen Sie die Zähne viel, viel sauberer, als wenn Sie beispielsweise einen harten Schrubber benutzen. Vor allem aber nicht zu fest aufdrücken. Das greift die Zähne an. Ich empfehle maximal eine mittlere Härte bei der Zahnbürste.

Ist Karies erblich?

Eindeutig nein. Karies wird durch Stoffwechselprodukte von Bakterien erzeugt. Bakterien können Mütter auf ihr Kind übertragen, etwa wenn der Schnuller ableckt wird. Wir kommen ohne die entsprechenden Bakterien im Mund auf die Welt – aber naturgemäß bleibt das ja nicht so.

Ist entzündetes Zahnfleisch ausschließlich eine Erkrankung der Mundhöhle?

Das stimmt nicht ganz. Grundsätzlich gilt: Gesundes Zahnfleisch blutet nicht. Wer bei sich eine kleine blutende Stelle entdeckt, weil man dort kurzzeitig nicht mit der Zahnseide gereinigt hat, die schnell wieder heilt, ist das kein Problem. Auch eine leichte Entzündung, die Gingivitis, kann man gut behandeln. Wenn aber schon eine fortgeschrittene Entzündung vorliegt, die Parodontitis, ist schon der natürlich schützende sogenannte Sulcus geschädigt, das heißt, die Entzündung breitet sich immer weiter im Zahnfleisch und Gewebe aus, sodass auch diese Bakterien über die Blutbahn eine infektiöse Endokarditis (Herzinnenhautentzündung) auslösen können. Auch ein Diabetes ist schlechter einstellbar, wenn eine Parodontose vorliegt, eine Schwangerschaft kann negativ beeinflusst werden. Sie atmen die Bakterien vielleicht auch ein oder schlucken sie runter – also können auch Lunge und Magen in Mitleidenschaft gezogen werden. Man muss auch wissen: Eine Parodontose ist nicht heilbar. Man kann sie aber gut in den Griff bekommen.

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Stichwort Mundgeruch. Der kommt meistens aus der Mundhöhle?

Ja. Die Mundhöhle ist, wie der Name schon sagt, eine Höhle mit vielen Ecken und Nischen, in denen sich etwas verstecken kann. Die Zunge mit ihrer sehr großen Oberfläche kann auch die Ursache sein, aber auch Zahnbelag, eine Parodontose, eitriges Zahnfleisch, Karies oder schlecht sitzender Zahnersatz. Man muss auch immer an die Mandeln denken. Also kurz: Alles Mögliche, was den oralen Zustand verschlechtert, kann einen unangenehmen Geruch erzeugen. Die Zunge kann übrigens mit einem speziellen Zungenreiniger gereinigt werden – das gehört für mich zur täglichen Routine dazu. Wer einen ausgeprägten Würgereiz hat, sollte die Zunge ganz weit herausstrecken und fast außerhalb des Mundes putzen. Das funktioniert perfekt.

Dieses Interview mit Dr. Katy Düsterhöft ist ein Auszug aus unserem Gesundheits-Podcast „Butter bei die Nierchen“. Wie Karies behandelt wird und ob ein Zahnpflegekaugummi hilft, erfahren Sie im Podcast. Den finden Sie gleich hier unten, indem Sie auf den Player klicken. Alle Ausgaben des MOPO-Gesundheitspodcast finden Sie auch bei Ihrem Podcast-Anbieter wie Spotify oder Apple Podcast. 

Im Podcast „Butter bei die Nierchen!“ sprechen wir regelmäßig mit Ärztinnen und Ärzten aus unterschiedlichen Fachbereichen darüber, wie Sie gesund bleiben oder gesund werden.

Im vorletztem Podcast ging es um die Darmgesundheit. Warum Darmkrebs der einzige Krebs ist, den man vermeiden kann, erfahren Sie mit einem Klick.

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