• Ein nicht ganz echtes Einhorn – in der Wirtschaft sind Einhörner Start-ups, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind.
  • Foto: imago images

Aktien-Trends mit Philipp Westermeyer: Auf der Suche nach Hamburgs Einhörnern

Mit Aktien kann man viel Geld verdienen – aber genauso kann man eine Menge Geld verlieren. Soll ich mich trotzdem trauen? Und ist es nicht längst zu spät zum Einsteigen? OMR-Gründer Philipp Westermeyer (42) erklärt bei uns aktuelle Themen und Trends an der Börse. Diesmal geht’s unter anderem um Hersteller von „grünem“ Wasserstoff, Bitcoins als Geldanlage und Hamburger Einhörner.

1. Was ist los an den Märkten? Viel Bewegung unter der Oberfläche

Die Börsen haben sich diese Woche scheinbar kaum bewegt. Der Dax ist ungefähr da, wo er am Montag gestartet ist. Unter der Oberfläche ist jedoch einiges los. Geld wird umgeschichtet, man nennt das „Sektor-Rotation“. Eine Folge: Digitalaktien verlieren, Reiseaktien gewinnen. Warum ist das so?

Digitale Markplätze wie Zalando oder Hello Fresh haben ihren Wert im letzten Jahr verdoppelt. Das lag auch an Corona. Läden sind zu, online hat auf. Dank der Impfungen ist nun das Ende der Pandemie absehbar. Wir freuen uns auf Restaurantbesuche und Bummeln in echten Geschäften. Investoren nutzen den Moment, um ihre Gewinne zu realisieren. Dadurch fallen die Kurse diese Woche um zehn Prozent.

Dieses Geld wird zum Beispiel in Reiseaktien investiert. Spätestens nachdem der englische Premierminister Boris Johnson am Montag das Ende aller Reisebeschränkungen zum Juni verkündet hat, herrscht Optimismus. Aktien von Lufthansa, TUI oder Fraport heben wieder ab und gewinnen bis zu 15 Prozent.

2. Bitcoin-Hype. Wie kann man dabei sein?

Der Bitcoin schwankte diese Woche zwischen 45.000 und 58.000 US-Dollar. Vor einem Jahr lag der Preis noch unter 10.000 Dollar. Als Zahlungsmittel ist der Bitcoin kaum geeignet, aber vielleicht als Geldanlage. Wie genau kann man investieren?

Zum Beispiel Aktien von Firmen kaufen, die mit Bitcoin ihr Geld verdienen. Dazu gehören Marktplätze für Kryptowährungen. Spannend wird es nächste Woche, denn da soll der größte Anbieter „Coinbase“ an die Börse kommen. Die Bewertung wird hype-typisch bei 100 Milliarden Dollar erwartet.

Eine unkomplizierte Möglichkeit sind „ETPs“ (Exchange Traded Products), die die Wertentwicklung des Bitcoins abbilden. Genau wie Aktien oder ETFs kann man sie sich in ein Wertpapierdepot legen.

Oder direkt Bitcoin erwerben. Dafür braucht man eine „Wallet“, das ist eine digitale Geldbörse. Die bekommt man bei den Krypto-Marktplätzen. Wichtig: Das Passwort gut merken! Schätzungen zufolge sind 20 Prozent aller Bitcoins oder unglaubliche 200 Milliarden Dollar hinter vergessenen Passwörtern für immer verloren.

3. Noch ein Hype: Wasserstoff

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Ein Teil der Lösung soll grüner Wasserstoff sein, mit dem Strom gespeichert und Motoren angetrieben werden können. Überall auf der Welt fördern gigantische staatliche Programme Wasserstoff. Bei uns in Moorburg entsteht bis 2025 eine der größten deutschen Produktionsanlagen.

Auch immer mehr Anleger wollen „grün“ investieren. Aktien von „Nel ASA“ oder „Ballard Power“ gehören in Trading-Apps zu den meistgesuchten Titeln. Der Star ist die Firma PlugPower, die ist inzwischen 20 Milliarden Euro wert, zehnmal mehr als vor einem Jahr.

Das könnte Sie auch interessieren: Philipp Westermeyer im Interview: Darum sollte jeder über Wertpapiere nachdenken

Nun gab es Zahlen: 2020 hat PlugPower eine halbe Milliarde Verlust gemacht. Die Umsätze steigen immerhin und sollen in drei Jahren 1,5 Milliarden erreichen. Selbst damit wäre die heutige Bewertung aber sehr ambitioniert. Bei den anderen Wasserstofffirmen sieht es ähnlich aus: Hohe Bewertung, wenig Umsatz. Es ist also fraglich, ob die realen Geschäfte mit dem Preis der Aktien mithalten können.

4. Gibt es in Hamburg Einhörner?

Alle haben davon gehört, niemand hat jemals eins gesehen: Einhörner. So nennt man auch Start-ups, die über eine Milliarde wert sind. In Hamburg haben wir genau ein Einhorn, die Geschäftskontaktplattform Xing, die an der Börse „New Work“ heißt und 1,25 Milliarden wert ist.

Xing hat diese Woche solide Geschäftszahlen gezeigt: 280 Millionen Euro Umsatz, 37 Millionen Euro Gewinn. Aber das Einhorn ist in Gefahr, die Aktie hat im letzten Jahr fast 20 Prozent verloren. LinkedIn macht Druck. Zum Glück verstecken sich in Hamburg noch zwei Einhörner.

Das erste bietet im Abo Daten zu fast allem an. Der Umsatz soll dieses Jahr die 100-Millionen-Marke knacken. Nach üblichen Digitalabo-Maßstäben: ein Einhorn. Statista heißt es und gehört zur Firma Ströer, könnte aber bald selbst an die Börse galoppieren.

Das könnte Sie auch interessieren: Aktien-Trends mit Philipp Westermeyer: Komm ich mit Bier zu Geld?

Konkreter wird über diesen Börsengang spekuliert: Der Umsatz sollte deutlich über eine Milliarde Euro liegen. In der eCommerce-Welt ist eine Bewertung von etwa vier Milliarden zu erwarten. Das Hamburger Einhorn Nummer 1 ist … About You.

5. Musik-Aktien: Mit Memes Moneten machen?

Spotify gewinnt immer mehr Kunden, inzwischen 350 Millionen, macht aber keinen Gewinn. Der Grund: Ein Großteil der Einnahmen muss an Musiklabels abgedrückt werden. Während Spotify die Kunden ranholt, fließt dorthin das Geld. Wie kann man davon profitieren?

Das größte Label heißt Universal Music und soll dieses Jahr an die Börse kommen. Noch gehört es dem französischen Konzern Vivendi, der ist ca. 30 Milliarden Euro wert. Vivendi plant, die Anteile von Universal wie eine Dividende an seine Aktionäre auszuschütten. Und Aktionär kann man ja jederzeit werden. Der chinesische Digitalriese Tencent hat kürzlich Vivendi zehn Prozent von Universal abgekauft, und zwar auf Basis einer Bewertung von: ebenfalls 30 Milliarden. Universal ist also schon jetzt genauso viel wert wie der ganze Konzern.

Das könnte noch steigen. Neben Streaming werden Social Media zur wichtigen Einnahmequelle: Wenn ein Song auf Instagram, Tiktok oder Snap viral geht, verdienen die Labels mit. Und: Nach dem letzten ist vor dem nächsten Meme.

Ob eine Aktie nach oben oder nach unten geht, kann niemand mit Sicherheit sagen. Was wir aber sicher sagen können: Die Börse produziert jeden Tag spannende Geschichten. Davon erzählen wir montags bis freitags immer morgens im „Ohne Aktien wird schwer“-Podcast: ohneaktienwirdschwer.de und https://sptfy.com/i3YH

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp