Nord Stream 1
  • Die Pipeline Nord Stream 1.
  • Foto: picture alliance / dpa/Stefan Sauer

Gas-Engpass: Kommt der Zwang zum Energiesparen?

Deutschland schwitzt, diskutiert aber übers Frieren: Die gedrosselten Gaslieferungen aus Russland alarmieren die Politik. Denn im Herbst könnte Putin den Gashahn im schlimmsten Fall ganz zudrehen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) scheint nun auch zu radikaleren Schritten bereit – stößt aber auf Widerstand.

Habeck schließt gesetzliche Maßnahmen zum Energiesparen ausdrücklich nicht mehr aus: „Wenn die Speichermengen nicht zunehmen, dann werden wir weitere Maßnahmen zur Einsparung, zur Not auch gesetzlich, vornehmen müssen“, hatte der Grünen-Politiker am Donnerstag in den „Tagesthemen“ erklärt.

Gazprom liefert plötzlich 60 Prozent weniger Gas

Hintergrund: Der russische Gas-Konzern Gazprom hatte die Lieferung der Gasmengen über Nord Stream 1 zunächst um 40, dann sogar um 60 Prozent gekürzt. Begründet wurde dies mit technischen Problemen. Habeck hält die Erklärung aber für „nicht nachvollziehbar“ und glaubt an eine politische Absicht.

Fakt ist: Die Gasspeicher in Deutschland sind momentan nur zu 56 Prozent gefüllt. „Wir können nicht mit 56 Prozent in den Winter gehen“, sagte Habeck. „Da müssen die voll sein. Sonst sind wir wirklich offen.“ Die Lage sei ernst, die Versorgungssicherheit aktuell aber noch gewährleistet. Vor dem Ukrainekrieg bezog Deutschland rund 55 Prozent seines Gases aus Russland, inzwischen sind es nur noch etwa 35 Prozent.

Habeck schloss nicht aus, dass sich die Vorgaben für Vermieter ändern könnten, was die Mindesttemperatur in mit Gas geheizten Wohnungen betrifft. „Wir werden uns alle Gesetze, die dort einen Beitrag leisten, anschauen.“ Aktuell sind Eigentümer gesetzlich verpflichtet, Mieter in der Heizperiode eine Temperatur von 20 bis 24 Grad zu garantieren.

Kommunen fordern veränderte Mindesttemperatur

„Auch eine Wohnung mit 18 oder 19 Grad kann noch gut bewohnt werden, und dieses vergleichsweise kleine Opfer sollten alle mittragen können“, sagte Gerd Landsberg, Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. Nicht nur die Kommunen liebäugeln mit der Idee. Auch Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur und der Bundesverband der Bauunternehmer unterstützt den Vorschlag. Landsberg forderte eine Diskussion darüber, wo im öffentlichen Bereich Gas eingespart werden könnte – beispielsweise in Schwimmbädern. Und wo nicht: In Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen.

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Widerspruch zu dem Vorstoß kommt allerdings von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). „Gesetzlich verordnetes Frieren halte ich für unsinnig“, erklärte sie. Und weiter: „In der Rechtsprechung sind 20 Grad Minimum festgelegt.“ Alles darunter könne sogar gesundheitsgefährdend sein und sei auch gebäudetechnisch zu kurz gedacht. Geywitz verwies darauf, dass viele Mieter schon heute wegen der steigenden Kosten ihren Gasverbrauch genau im Auge behielten. Mehr Sinn als eine sinkende Mindesttemperatur machten die bereits bestehenden praktischen Informationen von Verbraucherzentralen und Bundesregierung, erklärte sie.

CSU-Chef Markus Söder fordert sofortigen Gas-Gipfel

Die Opposition fordert von der Bundesregierung „sofortiges Handeln“, statt Streit auf offener Bühne. „Wir brauchen sofort einen Gasgipfel“, schrieb CSU-Chef Markus Söder auf Twitter. Deutschland drohe ein Energienotstand. Staatlich verordnetes Frieren sei eine Bankrotterklärung und keine Antwort auf die russischen Gasdrosselungen.

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