Der Steinzeit-Richter: Wie Clarence Thomas die USA nach rechts treibt
Erst schaffte er das Grundrecht auf Abtreibung ab, jetzt bremst er den Klimaschutz aus: Lange wurde Clarence Thomas (74) als sonderlicher Konservativer belächelt. Doch mittlerweile gilt der „Steinzeit-Richter“ als einflussreichster Mann am Obersten Gericht der USA. Er kündigte bereits an, dass er mit seiner Agenda noch längst nicht am Ende sei.
Wer derzeit in die USA blickt, wird Zeuge einer reaktionären Zeitenwende: Ende des Grundrechts auf Abtreibung, Ausweitung des Waffenrechts, Einschränkung des Wahlrechts, Aushöhlung der Trennung von Staat und Kirche. Dem konservativ dominierten Supreme Court kann die Rücknahme liberaler Errungenschaften offenbar nicht schnell genug gehen. Damit wird jetzt konkret, was viele mit Blick auf Trumps Richter-Ernennungen befürchtet hatten: Der Supreme Court ist zum feuchten Traum extrem konservativer Amerikaner verkommen – angeführt von Clarence Thomas.
USA: Clarence Thomas will die Zeit zurück drehen
Und der Mann steckt voller Widersprüche. Thomas ist ein schwarzer Amerikaner, der das Gesetz strikt nach den Worten von 1789 auslegt – einer Zeit, in der man ihn als Sklave gequält hätte. Er wuchs im Süden der USA bei strengen Katholiken auf. Erst wollte er Priester werden. Dann ermöglichte eine Quotenregelung für benachteiligte Minderheiten ihm ein Jura-Studium an der renommierten Yale-Universität. Doch genau diese Regelung lehnte er dann später als Richter ab. Von Ehen zwischen Schwarzen und Weißen hielt er lange nichts, heiratete 1987 jedoch die weiße Republikaner-Tochter Virginia, heute Verschwörungsanhängerin und Trump-Fan.
Am Donnerstag entschied der Supreme Court, dass es nicht zu den Befugnissen der US-Umweltbehörde gehöre, weitreichende Regeln und Vorschriften für Treibhausgasemissionen festzulegen. Ein Urteil mit immenser Sprengkraft. Experten fürchten, dass die USA ihre Klimaziele unter diesen Bedingungen nicht erreichen können.
Joe Biden hat das Problem Clarence Thomas selbst geschaffen
Für US-Präsident Joe Biden ist Clarence Thomas ein ernstes Problem. Dabei hat er den Juristen einst selbst in den Sattel gehoben: Ex-Präsident George Bush hatte Thomas 1991 für den Supreme Court nominiert. Doch dann kam raus, dass Thomas die schwarze Juraprofessorin Anita Hill sexuell belästigt haben soll. Thomas stritt die Vorwürfe als rassistischen „High-Tech-Lynchmord“ ab. Joe Biden war als demokratischer Senator damals Vorsitzender des Ausschusses. Er machte kurzerhand einen Deal mit den Republikanern. Man stellte Anita Hill als Stalkerin dar, beendete die Anhörungen. Der Weg für Thomas war frei.
Kolumnistin Maureen Dowd empörte sich in der „New York Times“: „Biden ließ zu, dass ein Lügner, ein Perverser und ein Sexbelästiger auf einen Richterposten auf Lebenszeit erhoben wurde“. Politologe Corey Robin schrieb 2019: „Es ist mittlerweile klar geworden, dass Thomas den Justizausschuss angelogen hat, als er sagte, er habe Anita Hill niemals sexuell belästigt“. Die über die Jahre gesammelten Indizien seien „einfach überwältigend“.
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Heute hat Clarence Thomas im Supreme Court freie Bahn – und sorgt aktuell bei Amerikas Liberalen mit einer neuen Stellungnahme für Entsetzen: Der Steinzeit-Richter findet, dass als nächstes das Recht auf Verhütung, die gleichgeschlechtliche Ehe oder Sex unter gleichgeschlechtlichen Partnern auf den Prüfstand gehörten.