Habeck
  • Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält einen kompletten Lieferstopp bei russischem Gas für realistisch.
  • Foto: picture alliance/dpa/Jan Woitas

Die Warnungen vor „Gas-GAU“ werden immer lauter

Ums Erdgas tobt eine „quasi wirtschaftskriegerische Auseinandersetzung“, sagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Viele Experten schließen inzwischen selbst den „größten anzunehmenden Unfall“ (GAU) nicht mehr aus: Dass ganze Regionen im Winter ohne Heizung dastehen könnten. Wenigstens gibt es Ideen gegen den Preisanstieg.

Eine ungleiche Gasversorgung in Deutschland, die bei einem Lieferstopp aus Russland eintreten könnte, hätte dem Präsidenten der Bundesnetzagentur zufolge weitreichende Folgen: „In dem Moment, in dem der Druck im Gasnetz in einer Region unter ein gewisses Mindestmaß fallen würde, würde auf einen Schlag in Hunderttausenden Gasthermen die Sicherung einspringen“, sagte Klaus Müller den Funke-Medien. „Die müsste händisch von geschulten Fachkräften wieder freigeschaltet werden, wenn wieder Gas in der Region verfügbar wäre.“ Dies würde sehr lange dauern. Um das zu verhindern, sei es so wichtig, die Gasspeicher zu mindestens 90 Prozent zu füllen. Aktuell liegt der Füllstand nur bei 61 Prozent.

Viele Stadtwerke könnten in die Insolvenz schlittern

Auch in den Städten und Gemeinden wächst die Sorge, dass Stadtwerke ernsthaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten – und damit die Versorgungssicherheit gefährdet wäre. „Der Druck auf die Stadtwerke nimmt jedem Tag zu“, erklärte jetzt Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags. Würden die Stadtwerke die stark steigenden Preise weitergeben, wären viele Haushalte mit den Kosten überfordert. Wenn sie sie nicht weitergeben, dann könnten viele kommunale Versorger in die Insolvenz rutschen, warnte er. „Die Versorgung vieler Haushalte wäre nicht mehr sicher“.

Dedy fordert, die Stadtwerke unter den Schutzschirm für Unternehmen stellen. Er forderte außerdem, betroffenen Stadtwerken schnell Liquiditätshilfen über Bürgschaften und Kredite zu gewähren. Ein Großteil der Bundesbürger beziehe seine Energie von den örtlichen Stadtwerken.

Dedy: „Auf welchen Komfort können wir verzichten?“

Auch Verkehrsbetriebe, kommunale Krankenhäuser, Schulen, Bäder und weitere öffentliche Einrichtungen bekämen die Folgen der Energiekrise zu spüren. Man müsse eine „ehrliche Diskussion“ über das Energie- bzw. Gassparen führen: „Auf welchen Komfort können wir verzichten und was bleibt vor Ort notwendig? Da geht es etwa um Straßenbeleuchtung und Ampelschaltungen, um warmes Wasser in öffentlichen Gebäuden, um Museen und Sporthallen, um Lüfter in Schulen oder um Klimaanlagen“, so Dedy.

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Wirtschaftsminister Habeck selbst rechnet mit einer „Preisexplosion“, sollte Wladimir Putin kein Gas mehr durch die Pipelines nach Westen pumpen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) sieht in den steigenden Preisen für das Heizen „sozialen Brennstoff“. Die neue DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi schlägt deshalb vor, für jeden Erwachsenen und jedes Kind einen Grundbedarf für Strom und Gas festzulegen. Für diese soll es eine Preisgarantie (Deckelung) geben. Alles was darüber hinaus verbraucht wird, müsste teuer bezahlt werden.

Treffen im Kanzleramt: Was hilft gegen die hohen Preise

Scholz steht dem Vorschlag offen gegenüber. Er solle am Montag auch im Kanzleramt diskutiert werden. Der Regierungschef hat Vertreter von Gewerkschaften, Arbeitgebern, Bundesbank und aus der Wissenschaft zu einer sogenannten konzertierten Aktion geladen. Dabei soll es darum gehen, wie der Preisanstieg gedämpft werden kann. Denn ein weiteres „echtes“ Entlastungspaket soll es nach Auskunft von Finanzminister Christian Linder (FDP) erst nächstes Jahr geben.

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